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STIRNER, Max (eigentl. Johann Caspar Schmidt), philosophischer Schriftsteller, * 25.10. 1806 in Bayreuth, † 26.6. 1856 in Berlin. - Max Stirner wurde in Bayreuth als einziger Sohn protestantischer Eltern geboren. Der Vater, ein Instrumentenbauer, ist früh verstorben. Nach den Gymnasialjahren in Bayreuth begann Max Stirner in Berlin zu studieren. Vom Jura-Studium wechselte er jedoch bald zu philosophischen und theologischen Studien (Berlin 1826-28, Erlangen 1828/29 und Königsberg 1829). 1834 bestand Max Stirner nur knapp das Lehramtsexamen in Berlin. Nach dem Referendariat an der königl. Realschule in Berlin wurde er nicht in den Staatsdienst übernommen. So mußte er in den folgenden Jahre als Privatlehrer sein Auskommen suchen. In diesen Jahren fand Max Stirner Kontakt zu dem anarchisch-bohèmehaften Kreis von Junghegelianern um den Philosophen Bruno Bauer, den sog. »Freien«. In diesem Kreis lernte er die wohlhabende Apothekertochter Marie Dähnhardt kennen, mit der er seine zweite Ehe schloß. (Eine erste Ehe endete 1837 nach nur kurzer Dauer durch den Tod der Frau.) Durch das Vermögen seiner zweiten Frau konnte Max Stirner nun das Leben eines philosophierenden Privatiers führen. 1842 begann er Rezensionen und Zeitungsartikel zu schreiben.

Dieser Kreis der sog. »Freien« schloß sich nie zu einem Verein zusammen. Er war und blieb eine zwanglose Gesellschaft, zu der jeder Zutritt hatte, der mit den bestehenden Zuständen mehr oder weniger unzufrieden war, ihre Besserung, Umgestaltung oder ihren Umsturz anstrebte und vor keinem, noch so scharfen Wort der Kritik an ihnen zurückschreckte. Gäste kamen und gingen, kamen wieder und blieben fort. Aber der Stamm der merkwürdigen Gesellschaft war, wohl ein Jahrzehnt lang und über 1848 hinaus, fast unverändert der selbe, bis er sich in der trüben Zeit einer mehr und mehr wachsenden Reaktion auflöste. Zu diesen 'Unentwegten' um den 'Hegel-Gegner' Bruno Bauer gehörte sein Bruder Edgar und soweit bekannt Ludwig Buhl, der Übersetzer Blancs und Casanovas, der Gymnasiallehrer Köppen, der Literat Friedrich Saß und der Schriftsteller Dr. Eduard Meyen, Dr. Adolf Rutenberg und Arthur Müller der Herausgeber der "Ewigen Lampe". Von den vielen Gästen, die die Gesellschaft mit einem flüchtigen Besuch beehrten, seinen nur drei herausgegriffen: Georg Herwegh, Arnold Ruge und Hoffmann von Fallersleben.

John Henry Mackay beschrieb 1927 den Kreis im Vorwort zu dem von ihm herausgegebenen »Der Einzige und sein Eigentum« mit folgenden Worten: »Der Ton des Kreises war frei, laut und, trotz der gelegentlichen Anwesenheit von Frauen, oft zynisch. Jeder sprach aus, was er dachte. Die Fragen des Tages, wie die noch in den Kinderschuhen steckende Bewegung des Sozialismus, die Zensur, die studentische und die religiöse Bewegung, die Juden und die Frauenfrage gaben unerschöpflichen Stoff zu langen Gesprächen und hitzigen Debatten, und immer befand man sich im schroffsten Gegensatz zu den herrschenden Autoritäten. Das Jahr 1848 warf auch hier seine Schatten voraus.

Ein Kreis, immer anregend und von unzweifelhafter Bedeutung für die Geschichte des Vormärz; anziehend und auch wieder abstoßend, je nach Art und Auftreten seiner Besucher; und unvergeßlich durch Einen, der ihm wahrscheinlich von seinen ersten Anfängen an, sicher aber bis zu seinem Ende angehörte.

Dieser Eine war ein schlanker, stets sorgfältig gekleideter Mann von Mittelgröße. Der kurze blonde Backenbart ließ das Kinn frei; hinter einer Stahlbrille blickten blaue Augen ruhig und freundlich auf Menschen und Dinge; und den feinen Mund umspielte gern ein zu leiser Ironie geneigtes Lächeln.

Einfach und unauffällig wie seine äußere Erscheinung waren auch sein Benehmen und seine Lebensweise. Fast ohne Bedürfnisse, auch ohne das nach intimerer Freundschaft, hielt er sich in der lauten Gesellschaft mit innerlicher Vornehmheit zurück und blieb daher bei stärker besuchten Zusammenkünften meist unbeachtet.

Seiner auffallend hohen Stirn wegen wurde er von allen Max Stirner genannt, und es hieß, er arbeite an einem umfangreichen Werke, in dem er sein "Ich" niederzulegen gedachte.«

1844 beendete Max Stirner sein großes und einziges Werk »Der Einzige und sein Eigentum«.

Darin lehnte er alles Überindividuell-systematische ab und vertrat einen anarchischen Individualismus, bzw. extremen Egoismus. Sein Buch wurde von der Preußischen Zensurbehörde nicht verboten, da es nach Meinung der Oberen ein treffendes Beispiel dafür sei, wohin die Kritik an der Religion führe. Es gäbe keine bessere Werbung für Religion und Moral, als diese Auffassungen.

Bei Feuerbach werde an die Stelle des Gottes die Menschheit gesetzt. Doch Stirner sagt, es geht mir weder um Gott noch um die Menschheit, sondern es geht mir um mich. Mein ist, wozu ich die Macht habe es mir zu nehmen, bzw. die Macht habe, es mir nicht nehmen zu lassen. Letztendlich sind für Stirner Macht und Recht identisch.

»In einer Sprache voll Klarheit und Überlegenheit, voll Spott und Verachtung, geißelt Max Stirner die Taten der Menschen, entkleidet die Ideen ihrer Heiligkeit und zeigt sie als "fixe" auf in dem großen Narrenhaus der Welt: die der Menschheit und die des Vaterlandes; die Gottes und die des Staates; die der Tugend und die der Sittlichkeit; die der Freiheit und die der Wahrheit; die des Rechtes und die der Pflicht. Recht- und pflichtenlos steht von nun an das eine Individuum dem anderen gegenüber, und was sie allein noch aneinander bindet, ist der freiwillig geschlossene Kontrakt.« (John Henry Mackay)
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