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9.11.1939 - Seite 4

[... Der Mensch in Haufen ist immer Pöbel. Und Pöbel ist eine gierige] Bestie. Sokrates, Jesus, Bruno, wer zerfleischte sie? - Der Pöbel! Die Revolutionen sind das immer neue Beispiel. Schopenhauer gibt uns den wahren Begriff vom „Leben“. Nämlich, daß man mit seinem Verlust etwas gewonnen hat. Damit sind die tausende freudiger Augenblicke nicht gemeint. Sondern der Augenblick in jedem Leben, wo der Tod zum Erlöser wird. Es ist also verkehrt, von Pessimismus zu reden, wo man sich doch nur mit einer bestimmten Seite des Lebens, der sog. Schattenseite befaßt. Die sog. „Pessimisten“ wollen ja nur, daß wir diese Seite, die letzte und unter Umständen schwerste des Lebens kennen. Ich habe hier Meyrinks Buch: „Fledermäuse“ noch gelesen, sowie „Wartalun“ von Bonsels. Die weißen Grillen und die letzte Geschichte von der Erde, den Maschinen und den sterbenden Menschen scheint sich ja wieder zu verwirklichen. In „Wartalun“ ist die Gestalt des Bevenuto K. sehr gut, während die Heldin des Romans meinen Beifall weniger findet. In dem beiliegenden Gedicht „Rast auch der Krieg ...“, das ich dir schenke, habe ich all meine Hoffnung ausgesprochen, daß die Welt einmal den Weg zum Frieden findet. Wenn du es durchliest, wird es vielleicht doch etwas zu dir sagen, was zu deinem Geburtstag paßt. So nimm denn das Gedicht und seinen Geist als meinen Geburtstagswunsch. Dir, Irm und den Kleinen wünscht das Allerbeste
Euer Emil H.


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