zurück« - TEXT - RR - Index - Übersicht - weiter»


Landsberg/W. 15.8.39, General Strantz Kaserne, B IR 50. [Spätere Ehefrau Ruth kennen gelernt: 23.7.39, WH]

Lieber Hans, Irm und Doris!

Ich liege augenblicklich in Ruhestellung. Das heißt ich bin ein wenig krank. Es geht aber in den nächsten Tagen wieder "an die Front" d.h. ich bin z.Zt. in Landsberg, während meine Truppe "woanders" ist. Eine genaue Anschrift, wo ich dann bin, kann ich sowieso nicht geben. Es kommt eine Postleitstelle in Stettin in Frage. Aber Zuschriften an meine jetzige Adresse werden immer nachgesandt. Ich hoffe nun, (nach dem neuesten Stand) daß ich Ende September wieder bei der R.L. bin. [evtl. Reichsleitung Arbeitsdienst, bisheriger Arbeitgeber und während des Krieges weiterhin. WH] Ich amüsiere mich in Landsberg so gut es geht. (Und es geht, wie ich feststelle, überall ganz gut, solange mein Gehalt weitergeht) Es gibt auch hier Bars und "Dancings" und "Mädeln" dazu. Bei den Soldatensäuferseelen von denen man bisweilen umgeben ist, ist es wohl selbstverständlich, daß ich hier schon manchen Sturm erlebt habe. Ich stand solchen Ausschweifungen die erste Zeit vorsichtig gegenüber. Aber die Kaserne und der Umgang und die ewige Verlängerung unserer Dienstzeit läßt nur diese Art "sich auszutoben" zu. Nebenbei versuche ich natürlich "mein Faß zu wälzen" (wie Goethe von seiner Denkarbeit sagte) Kleinere Aufsätze .... (unleserlich) .... "Gstanzerln". Ein Aufsatz: "Der Weg zurück" schildert den bis auf die Spitze gediehenen Irrweg unserer Kultur, Wissenschaft und Lebensweise. Oder vielmehr die Riesenaufgabe, diesen Irrweg zurückzugehen bis, wie Tsch. schreibt, "die wahre Ordnung der Natur" wieder da ist.

LinYütang schreibt dazu: "Murrcius stimmt mit Tsch. in dem einen Punkte überein, daß die Menschheit ihr Kinderherz verloren hat. Was noch an Milde und Erholung von der Natur angenommen wird, kommt nicht mehr gegen das auf, was der Mensch tut. Echtes und Eigenes verliert der Mensch. Er verliert."

Nur wenn man gar nichts unternimmt, gibt man der wirklichen Natur im Menschen Ruhe zur Entwicklung. Nur dem, dem das Geschenk des Lebens höher gilt, als Herrscher sein der Welt, mag man die Herrschaft anvertrauen .... Wie sollte der noch überhaupt auf den Gedanken kommen, die Welt in Ordnung zu bringen." (Tsch.) - Ein weiterer Aufsatz, betitelt "Grenzsteine des Lebens" zeigt die Größen Heraklit und Buddha bei ihrer Arbeit an ein und demselben Problem. Im Grunde dem einzigen, das es gibt. Ich zeige, wie beide aus tiefstem Innern heraus ihr Werk errichten. Wie sie erkenntnismäßig sich nahe kommen und doch auf Grund ihres Charakters Antipoden sind. (Buddha lehrte ca. 100 Jahre nach Heraklit).

Dann eine kleine Zusammenfassung, wo ich Jesus in geographische und geistige Beziehung zu Heraklit und Laotse in eine solche zu Buddha bringe.


zurück« - nach oben - RR - Index - Übersicht - weiter»