"Werdendes Sein - Andauernde Veränderung"

Was ist am Ende von allem geblieben?
Nur der Wind, der wehende Wind.
doch das seiende Sein, das weiß manche Dinge,
weil wir sind wie wir sind, was wir sind.
- E.H. 20.9.62
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Der Mensch weiß gar nicht wie anthropomorph er ist. (Goethe)
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Das Dauerhafteste in der Welt ist die Veränderung. auch das religiöse und wissenschaftliche Bewußtsein unterliegt diesem Rhythmus des Seins und des Werdens.

Entzieht euch dem verstorbenen Zeug, Lebendiges laßt uns lieben! (Goethe)

Wir haben alle in erster Linie die Aufgabe unseres Lebens zu lösen. Im Übrigen nur das, was mit dieser Aufgabe, die es also zu erkennen und zu lösen gilt, zusammenhängt.

Dazu ist nicht erforderlich, daß wir d i e Wahrheit (die eine absolut Wahrheit, die es angeblich geben soll oder geben müßte) herausfinden. Vielmehr ist es erforderlich, daß wir ein Weltbild (eine Weltanschauung) haben, die im großen und ganzen so weit stimmt, das unsere persönliche Aufgabe, unser persönliches Leben darin harmonisch eingebettet sind. Daß wir uns als solche sicher und 'richtig' wissen, sowohl in dem, was die Welt und das Leben im unerkannten großen Ganzen, als auch im erkannten kleinen Einzelnen, betrifft.

Dazu gehört auch eine Portion Heiterkeit, die sich automatisch einstellt, wenn man den unserer Lage allein angemessenen hohen Standpunkt der Welt und den Dingen gegenüber eingenommen hat, welcher Standpunkt etwa einem Betrachter entspricht, der sich auf den Standpunkt der Mutter Natur befindet.

Es versteht sich von selbst, daß für diese bestimmt schwierige Aufgabe ein Patentrezept, wie es z. B. die ägyptischen Priester im Isiskult, die indischen Priester im Brahmakult, die griechischen und die römischen Priester im Götterkult, die Mysterienpriester im Mysterienkult, Mythraskult usw., die mohammedanischen Priester im Allahkult, die christlichen Priester und Laien aller Art im Christenkult empfehlen, nicht in Frage kommt. (Götter sind sterblich).-

Wohl aber kann ein Mensch, der imstande ist, die Dinge der Welt und sein eigenes Dasein wesentlich selber zu beurteilen, sich aus allem, was Priester und Schamanen, dann Philosophen und Gelehrte aller Art, aber auch Selbstdenker aller Art wie Laotse, Plato, Buddha, Heraklit, Parmenides, Goethe, Schopenhauer, Stirner, Nietzsche usw. geäußert und gedacht haben, einen eigenen und annähernd richtigen Standpunkt zu den Problemen zu erarbeiten, die eingangs näher bezeichnet worden sind.

Aus dieser Aufgabenstellung und der geschilderten Lage des Einzelmenschen inmitten anthropomorpher (familiärer, staatlicher, kirchlicher, beruflicher, persönlicher) Scheuklappen, Tabus und Strafmandate aller Art ergibt sich ohne weiteres, daß nur ganz wenige Selbstdenker, die konsequent das ganze Problem "auf eigenen Füßen" durchdenken und durchleben, diesen schwierigsten Weg des Bewußtseins den es gibt, erfolgreich zu Ende gehen können.

Es kann sich in einer traditionell so verballhornten Menschheit, wie wir sie haben, nur darum handeln, daß einige Wenige hin und wieder einmal in Jahrhunderten das große Ziel erreichen: aus diesem Meer des psychologisch, soziologisch, klerikal, national und international gemischten Irrtums aufzutauchen.

Es geht gar nicht darum irgendeine feste, stereotype, tote "Wahrheit" zu gewinnen, wie sie z. B. die christlichen Dogmen und Mythen darstellen ("Ein Gott der keiner war"), sondern es handelt sich darum, ein individuell richtiges persönliches Verhältnis zu sich selbst und dem Weltganzen immer wieder herzustellen. Das aber ist nichts Aufgeschriebenes, Starres, Totes, sondern ist stets Wechselndes, Natürliches, Lebendiges. (Tod / Leben sind auch Phasen dieses Lebendigen).

Das aber heißt (wie Goethe sagt): Nicht an den immer anthropomorphen, kurzsichtigen Personen hängen, sondern an den immer fort lebenden, von den stets wechselnden Personen getragenen und gepflegten "Sachen" d. h. den ewigen großen Problemen des Bewußtseins der Natur.

E. Hartwig, Bln.-Steglitz

20.9.62 (v620920a.txt)


Erstellt am 17.08.04 - Letzte Änderung am 17.08.2004.
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