Dichtungen von Emil Hartwig aus den Jahren 1990 - 1999
(Stand 07.09.17 -81-)
Alleins  /   Alles  /   Alles fließt  /   Am Leben sein  /   amor fati  /   Am toten Punkt  /   An Bord M.S. "Welt"  /   Apparat und Bewusstsein  /   Ausklang  /   Bedingtes Entstehen,  /   Das alte Lied  /   [Dasein]  /   Das Fest der Sinne  /   Das Leben der Welt  /   Das Lebenswunder  /   Der Mensch als solcher  /   Der Mensch bedarf des Menschen sehr  /   Der neue Copernikus  /   Die Bücher  /   Die Gastgeschenke dieses Tages  /   Die Gedanken sind frei  /   Die letzten Tage des Lebens  /   Dilemma  /   Ein altes Lied  /   Eins ums andere  /   Engpass Alter  /   Entstehen / Vergehen  /   Entstehen, vergehen als Einheit der Welt  /   Existenz und Gegenwart  /   Flamme des Lebens  /   Fortschritt  /   Frisch und neu, dein Leben sei  /   Gegenwart  /   Gruß an Goethe  /   Hallelujah  /   HOMO HABILIS  /   Ich und All  /   Ich und Du  /   Im Innern ist ein Universum auch"  /   Jedermann  /   "Jenseits von Gut und Böse"  /   Jetzt  /   Kommt nach drei immer vier?  /   Kreislauf des Lebens  /   Lebenswunder  /   Macht der Versuchung  /   Masse Mensch und Außenseiter  /   Mein Land  /   Natur als Mensch, Mensch als Natur  /   Naturgeschehen  /   Natur und Kunst  /   Naturwunder  /   Nichts bleibt, doch alles ist  /   Nie geschaute Welten  /   Nirvana  /   Nothelfer Kultur  /   Oknos  /   Sachen  /   Sein und Werden  /   Sinn und Form  /   Spökenkieker  /   Suchen und finden  /   "Sucht nur nichts hinter den Dingen" (Goethe)  /   Tausend Köpfe  /   Technik  /   TSCHUANG - TSE  /   Unsagbares  /   Unschuld des Werdens  /   Unser Leben - ein Mysterium  /   Unser Leben unsere Welt  /   Useputzete  /   Volksdienst  /   Was immer ist indem es wird  /   Was auch vergeht, die Welt besteht  /   Wenn das All-und-Eine nicht wäre ...  /   Wir alle (1996)  /   W i r   a l l e (1999)  /   Wir müssen durch  /   Wir sind als ob wir wären  /   Wunder  /   Zeit und Sein  /   Zuletzt  /  

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Die Bücher

Das Bücherkaufen, das war meine Lust.
Ich habe ihr Wissen zu schätzen gewußt.
Was man wußte und dachte im Erdenrund,
viel tausend Bücher machten es kund.





„Das kannst du im ganzen Leben nicht lesen!”
ist damals die Warnung von Freunden gewesen.
Doch alles Glück das sich finden läßt,
in Texten und Bildern hält man es fest.

E. Hartwig


Dilemma

Ich kann es nicht lassen
das Ganze zu fassen,
denn Alles alleine
bringt Alles ins Reine.

Ich kleiner Zwerg
bezwinge den Berg.
Nun drückt er mich sehr.
Er ist mir zu schwer.

Habe ich das Ganze geschafft,
fehlt im Einzelnen die Kraft.
"Dich im Unendlichen zu finden,
mußt unterscheiden und dann verbinden."

Wer kann soviel trennen
und soviel verbinden,
um im Unendlichen
etwas zu finden.-

E. Hartwig, 6.1.90
(v900106g.txt)

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Am toten Punkt

Ein bisschen warmes Leben noch
Und Kälte ringsumher.
Die Kräfte fliehen täglich fort,
Das Leichteste wird schwer.

In Geistes Feuer suchst du halt
Wo es geschrieben steht.
Der Buchstabe hält vieles fest,
Doch aller Geist verweht ...

Anfang suchst du
Und Ende vergebens
Im ständigen Kreislauf
Ewigen Lebens.

E. Hartwig, 1991
(v910000g.txt)

Nothelfer Kultur

Ein Ungeheuer
             dringt auf dich ein.
Es ist gigantisch,
             und du bist allein.

So ist der Mensch
             in diese Welt,
voll von Gefahren,
             hineingestellt.

In dieser Not
             half eines nur:
Der Mensch erschuf sich
             die Kultur.

E. Hartwig, 26.2.91
(v910226g.txt)

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Zeit und Sein

Sekunden sind da und die Ewigkeit,
endlos dreht sich das Rad der Zeit.

Weil Ewigkeit sich nicht fassen lässt,
halten wir die Sekunden fest.

Sekunden vergisst man und Ewigkeit,
wenn man sich des Lebens freut.

E. Hartwig, 25.8.91
(v910825g.txt)

Alles

Im Menschenmöglichen mitten darin,
da, wo ich selber beteiligt bin.

Die Gegensätze alle sehn,
ihr Miteinander auch verstehn.
Von Schuld, von Unschuld nichts mehr wissen,
Gleichmut im Wollen und im Müssen.

Und alles, was vom Geist geblieben
aus allen Zeiten, die zerstieben,
das ist in meinem Geist lebendig,
in mir, mit mir, ist es beständig.

E. H., 8.9.91
(v910908g.txt)

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Spökenkieker

  Illusionen, zahllose
haben die Menschen
  bis sie ....zig sind.

Dann verabschieden sie sich
     langsam von allem,
  auch von allen Illusionen.

Wann schrieb er wohl
  "Die große Illusion"
    Siegmund Freud?

Als er alt genug dazu war.

Freunde des Wirklichen,
  Freunde des Wahren,
    wohnen im Dunkel,
      wohnen im Licht.

E. Hartwig, 6.10.91
(v911006g.txt)

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         Useputzete

            Da von einem Anfang
                  aller Dinge
             niemand etwas weiß,
                auch niemand
               etwas wissen kann,
              müssen wir annehmen,
    daß man uns damit ver-------rt hat:
"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde"

                      Und alle
                die diesen --sinn
    gegen besseres Wissen nachplappern
         wollen diese Ver-------rung
                 aufrechterhalten.

            Da von einem Anfang
               oder einem Ende
             niemand etwas weiß,
    auch niemand etwas wissen kann,
                    müssen wir
     bis zum Beweise des Gegenteils
        annehmen, daß alles Gerede
            über Anfang und Ende
                gegenstandslos ist.

E. Hartwig, 6.10.91
(v911007g.txt)

[Dasein]

Von allem Dasein ist der Clou
Das Dasein selbst zu denken.
Drum will das Dasein immerfort
Sich selbst das Denken schenken.

Das Denken um des Denkens nur,
Das Wissen um zu wissen.
Bewusstsein soll empfinden, soll
Nichts tun und auch nichts müssen.

Denn alles ist vollkommen da,
Nichts fehlt am grossen Ganzen.
Es dreht sich alles um sich selbst,
Will tanzen, tanzen, tanzen.

E. Hartwig, Dez 92
(v920002g.txt)

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Tausend Köpfe

Daß ich zu eurem Turm nicht ging,
daß ich eure Affenfelsen nicht sah,
daß ich nur zwei oder drei Schlösser besuchte,
das bereitet mir keinen Kummer.

Mir genügt die Geographie,
die mir sowieso ins Haus kommt,
und auch alle Tiere besuchen mich.
Und die Menschen? Ein Dutzend genügt.

Aber was es sonst noch alles gibt,
das läßt mich nicht kalt.
Tausend Köpfe gedacht habend und denkend
sind das, was mich an dieser Welt reizt.

E. Hartwig Berlin, 26.02.92



"Jenseits von Gut und Böse"

"Unschuld des Werdens" (Nietzsche)
"Alles Leben ist Raub" (Hebbel)

Aus einem Punkt steigt das Leben auf.-
Hat Innen und hat Außen sich gebildet,
so bilden Sinne und Verstand sich aus.-
Nun ist Verbindung da mit allem Andern
und eine Welt ist da mit Lust und Leid.

Doch alles Leben muß sich selbst erhalten,
will fortbestehn und kann das nur indem
es andres Leben, das es überwältigt,
verzehrt, verdaut, in eignes Fleisch verwandelt.

So muß sich alles gegenseitig fressen,
weil Leben nur vom Raub des Lebens lebt.
Und auch der Mensch, der alles das erkannt hat,
kann ändern nichts an diesem Totentanz.

Es bleibt ihm nur, das Leben zu ertragen,
das Leben nehmen wie das Leben ist.
Und zuzusehn wie alles und er selber
zurückkehrt in den Kreislauf allen Seins.

E. Hartwig, Leipferdingen, 8.7.92.
(v920707g.txt)

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(Von einem Briefumschlag übertragen am 10.09.2003)

Alles fließt

Wer vieles hat, wird fast davon erdrückt.
Er kennt, er fasst es nicht; obwohl er es erblickt.

Zuviel ist es, zuviel und auch zu groß,
gesammelt hat man's, doch gesammelt bloß.

Man könnt es fassen, blieb es einmal stehn
und könnt man es beliebig lange sehn.

E. Hartwig, Leipferdingen, 8.7.92
(v920708g.txt)

Sein und Werden

Eins ist es und ewig neu,
unaufhaltsam zeiht's vorbei.

Sein und Werden, das ist zugleich:
Materie, Raum, Zeit, Energie
in form von Natur und Leben.

E. Hartwig, Leipferdingen, 8.7.92
(v920709g.txt)

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Natur als Mensch,
Mensch als Natur

Menschen schaffen wollte Natur,
als sie Planeten erschuf,
und der Erdball brachte
wirklich auch Menschen hervor.

Das Ihre tat die Natur
und der Mensch
hat reichlich gelohnt,
daß die Natur ihn erschuf.

Was es auf Erden,
dem Erdball, dem Kosmos auch gibt,
das hat menschliches Denken
und Schaffen erforscht.

Was menschliche Kraft und Kunst
schon alles getan hat,
das ist das Wunder der Wunder,
das ist dem Bunde zu danken
von Mensch und Natur.

E. Hartwig, Bln.-Steglitz, 14.9.92.
(v920914g.txt)

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Wenn das All-und-Eine nicht wäre ...

Wenn die Supermaterie nicht wäre,
wäre nichts, auch keine Leere,
wäre Großes und Kleines nicht,
fehlten Masse, Bewegung, Licht.

Wenn das Spiel der Kräfte nicht wäre,
wäre eine tote Leere,
herrschte Stille überall,
fehlten Schall und Knall und Fall.

Wenn das Spiel der Farben nicht wäre,
wäre eine graue Leere,
wäre alles mausetot,
fehlten weiß, grün, blau und rot.

Wenn das Leben selbst nicht wäre,
fehlten alle Tiere im Meere,
wären Affen nicht aufgetreten,
würden Menschen nicht singen und beten.

Wenn die Welt der Gedanken nicht wäre,
herrschte eine geistige Leere,
dächte sich niemand den Weltenlauf,
täten sich Welten des Geistes nicht auf.

E. Hartwig, Leipferdingen, 29.6.93
(v930629g.txt)

Jedermann

Allein sein, allein
In einsamer Pracht.
Vieltausend Wesen
sind so gemacht

Äußerlich ähnlich
Veit oder Velten,
trennen sie innen
doch ganze Welten.

Jeder lebt letztlich
für sich allein.
Wie einer ist,
so muß er sein.

E. Hartwig, 24.7.93
(v930724g.txt)

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Gegenwart

Schatzsucher bin ich gewesen
und Schätzesammler dazu.
Wie allem, so geht es auch Schätzen,
sie finden Rast nicht noch Ruh.

Was kann man denn wertvoll nennen
auf dieser buntschillernden Welt?
Sind es die seltenen Stücke?
Ist es das Gut und das Geld?

Es ist das Wesen des Geistes,
es ist das Wesen der Welt.
Es ist das Wesen des Lebens,
das alles erschafft und erhält.

E. H. 18.9.93
(v930918g.txt)

Flamme des Lebens

Zuerst war ich eine Möglichkeit
im Gefühl, im Bewusstsein von Lebewesen.
Dann realisierte sich diese Möglichkeit,
Körperlichkeit und Willensgefühl entstanden
und wuchsen sich aus.

Alle Sinne konzentrierten sich
auf die innere und äußere Welt.
Bewusst erlebte sich selbst die Natur.

Doch immer dunkler brennt die Flamme des Lebens,
Stoffwechsel hört auf, der Faden des Daseins reißt ab.

E. Hartwig, 12157, Berlin. 22.9.93
(v930922g.txt)

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"Sucht nur nichts hinter den Dingen" (Goethe)

Phantasieren ist einfach,
ist leicht, ist schön;
doch kann es vor Tatsachen
nicht bestehn.

Logisches Basteln
mit deinen Gedanken
ergibt Strukturen
die wanken und schwanken.

Tatsachen sind es
die alles gestalten.
An Tatsachen kann man
sich jederzeit halten.

Von Tatsachen woll'n wir
nie uns entfernen.
Von Tatsachen wollen wir
immerfort lernen.

E. Hartwig, Berlin 41. 1.10.93
(v931001g.txt)

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Nie geschaute Welten

Man sieht nur das was die Natur vermag,
was sie nicht kann, das kommt nicht an den Tag.

Jedoch der Mensch - er träumt von soviel Sachen,
die weder er noch die Natur kann machen.

Mit seiner Phantasie, mit seinem 'Geist'
der Mensch auf nie geschaute Welten weist.

E.Hartwig, 18.10.93.

Nach d.Buch des Biologen Jak. v. Uexküll (1864-l944)
"Nie geschaute Welten" /1935.
Begründet 1926: Inst. f. Umweltforschung in Hamburg.



Das Lebenswunder

So wie wir sind, so sind wir wirklich da,
mit allen Fasern, jedem Härchen, da
Und das beweist uns, daß wir immer waren,
- in welcher Form auch immer -, immer waren.

Denn das was ist, das war und das wird sein,
auch dieses Sein, das kann nicht untergehen.
Wenn es jetzt ist, so war es immer schon,
wird ewig sein, denn Sein ist immer Sein.

Die Welt, sie ändert sich, sie treibt sich um,
ist heute anders als sie gestern war.
Das ist ihr Sein, daß sie stets anders ist,
sie lebt, lebt fort, und das heißt anders sein.

E. Hartwig, Berlin 41, 29.10.93

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Das alte Lied

Wir müssen unser Dasein büßen;
wir werden was wir werden müssen.

Am Anfang lebt man noch erträglich,
am Ende leidet man unsäglich.

Das Wollen unterliegt dem Müssen. -
Wir müssen unser Dasein büßen.

E. Hartwig 4.11.93



Die letzten Tage des Lebens

Die letzten Tage des Lebens zu leben,
das ist wie ein haltlos flüchtiges Schweben.

Es lohnt nicht mehr etwas anzufassen,
mußt es doch gleich wieder fallenlassen.

Was du getan hast in deinen Jahren,
davon kannst du bald nichts mehr erfahren.

Nur leben, sonst nichts, ist des Lebens Sinn,
darauf deuten Leben und Sterben hin.

E.Hartwig, 1.1.94.

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KREISLAUF DES LEBENS

Im Wechsel der Stoffe


Essen, Fressen, in all seinen Formen
ist erstes Lebensgebot.
Leben will Leben,
darum muß es fressen,
Leben, was immer es sei.

So bleibt es das Leben,
so nur lebt es weiter,
erst Dauer verleiht ihm den Rang.

Wie Feuer sich fortbrennt
und Asche zurückläßt,
so brennt sich auch Leben voran.

In ewigem Kreislauf
gebiert sich das Leben,
läßt Baustoff für alles zurück.


E.Hartwig, 11.6.94
12157 Berlin



APPARAT UND BEWUSSTSEIN

er registriert
soviel er immer kann.
Es ist schon lange, lange her
als er sein Spiel begann.

Er wurde schlecht, er wurde krank,
er registriert auch noch.
Doch registriert er, kurz gesagt,
schon auf dem letzten Loch.

Die Lichter gehen langsam aus, -
wie leuchtete die Welt!
Der Apparat, Person genannt,
er wird nun abgestellt.-

E.Hartwig, 12157 Berlin, 14.7.94.

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Das Leben
der Welt

Leben im ganzen ist Leben,
sieh Leben immer nur ganz.
Alle Dinge sich drehen
mit allem Leben im Tanz.

Du lebst im Rahmen des Lebens.
Es lebt alles Leben in dir.
Wir leben nur heute, das Leben
lebt aber für und für.

Emil Hartwig, 13.8.94



Masse Mensch und Außenseiter

Der Mensch bedarf des Menschen sehr
zu seinem großen Ziele.
viel Tropfen bilden erst das Meer,
viel Wasser treibt die Mühle.

E. Hartwig, 15.8.94



"Im Innern ist ein Universum auch"

Nicht eine Welt allein geht mit mir unter,
ein Schwarm von Welten geht mit mir dahin.
Ich frage mich, ob so viel Denkgebilde
je wieder fügen sich in einen Sinn.

Doch wer zu denken, wer Kulturen liebt,
wer Geistesleben an den Wurzeln faßt,
der wird auch immer ein Bewußtsein haben,
das trächtig geht mit allen Wissens Last.

E. Hartwig, Berlin-Steglitz, 11.11.94

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Kommt nach drei immer vier?

Auch ich habe lange gesucht nach den Wundern,
die angeblich mancher gesehn und erlebt hat.
Doch leider! - Zu sehen gab es nur Dinge
von einfachster Machart, wie dich und wie mich.

Ach, alle die Geister, die Engel, die Göttergestalten
erschienen, wennn überhaupt, nur andern, nicht mir.
Es zeigte sich mir zu mitternächtiger Stunde
im magischen Kreise kein überirdischer Geist.

E. Hartwig, Berlin-Steglitz, 11.11.94



Unser Leben unsere Welt

Die Welt als Individuum,
wie klein ist da die Welt!
Es hat die eine große Welt
viel kleine hergestellt.

Die kleine Welt lernt Blick um Blick
das Sein der Welten kennen,
und muß sich dann nach kurzer Frist
vom eig'nen Dasein trennen.

Die Einheit aller Dinge ist
das Fazit, das wir ziehen.
Es ist das eig'ne kleine Sein
vom großen Sein geliehen
___________
E. Hartwig, 2.1.1995
Berlin Steglitz

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Ich und All

Das Fleisch verfault, das Gras verwelkt
und neues Leben blüht aus den Ruinen.

Das lebt drauflos wie Gras und Klee,
das macht Kultur und Krieg, -

und mit dem allen dreht sich still
das Universum wunderbar.

E. Hartwig 7.5.95



Lebenswunder

Sowohl aktiv wie passiv können wir leben.
Nach allem Erreichbaren können wir streben.
Wenn man sich alles vor Augen hält:
Wir leben in einer Wunderwelt

"Die Welt ist vollkommen überall,
Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual"
Das gilt für die dunkle, traurige Zeit,
Wo wir versinken in Krankheit und Leid.

Doch gibt es auch ein anderes Wort,
Das gilt genauso an seinem Ort:
"Wer seine Kräft' und Sinn kann regieren,
Der mag mit Fug und Recht den Königstitel führen."

Wer Kräfte und Sinn regieren kann,
In der Wunderwelt als Wundermann
Der blickt voraus, der blickt zurück
Empfindet Dasein auch als Glück.

E. H. 27.5.95

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Mein Land

Nirgendwo ist das Land, das ich suche,
nirgendwo liegt das Land.
Berge des Denkens und Täler des Wissens
die ich suchte und fand.

Wie andre nach Gold, so grub ich nach Wissen,
ich fand es und trug es nach Haus;
uralt und ganz neu, ich wußt' es zu schätzen
und machte das Beste daraus.

So flüchtig wie alles, so flüchtig sind Menschen,
das Geistige treibt auf der Flut.
Ich hab' es geborgen auf schwankendem Nachen,
es ist wahr, es ist schön, es ist gut.

E. Hartwig, Berlin, 16.06.95



Wir müssen durch

Wir müssen durch im Leben wie im Sterben,
Wir müssen durch, da gibt es keine Wahl.
Wie alle, sind auch wir des Schicksals Erben,
des Schicksals Glück, des Schicksals Leid und Qual.

Wir müssen durch wie uns die Lose fielen,
man stieß uns in das Leben roh hinein.
Was Lebenslust und -leid auch fühlen,
Wir müssen durch - durch dies und jedes Sein.

E. Hartwig, 29.2.96
(v960229g.txt)

(Das 'Gedicht' ist ein Beispiel dafür, wie - ganz allgemein - das Denken der Sprache und die Sprache dem Denken hilft.)

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Wir alle

Wir alle haben unsern Fleck,
wo wir zu finden sind.
Um dieses Fleckchen dreh'n wir uns
mal langsam, mal geschwind.

Und wenn uns keiner dort mehr trifft,
trotz heißestem Bemühen,
dann sind wir auf und sind davon,
sind nicht mehr auf dem Kien.

Auf dieses Daseins-Wechselspiel,
sich einen Vers zu machen,
das ist unmöglich, allenfalls
kann man darüber lachen.

Emil Hartwig, Berlin-Steglitz, 25.10.96



"Bedingtes Entstehen ...

Bedingtes Entstehen,
bedingtes Vergehen, -
so wird man das Weltall
in Ewigkeit sehen.

Was es auch sei, es kommt zustande,
wenn Stoff und Kraft bestimmt: Es sei !
Der Glaube an Person und Wille,
an Übermenschen, ist vorbei.

Der sich emporhob in die Lüfte
obwohl der Flügel er entbehrt,
erzeugt ward er von Stoff und Kraft,
von Stoff und Kraft wird er verzehrt.

              *****

Geschehen, Gestalten ist Raum und ist Zeit,
denn Alles zu Allem ist immer bereit.
Geschehen geschieht nicht von allein.
Alles was wird, wird im Verein.

E. H., 19.3.97

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amor fati

Zu dasein im Dasein, wie war es doch schön,
man lebte das Leben des Lebens.
In tausend Facetten erglänzte es uns,
das Glück des Erreichens und Strebens.

Dem Menschen, dem graut es vor Alter und Not,
erwürgt von Gebrest und Gebrechen;
doch wäre fast Jeder wieder bereit
in die Meere des Daseins zu stechen.

E. Hartwig, 08.04.97



Jetzt

Ein Augenblick erzählt dem andern
wie er so einmal einzig sei.
Denn so, in dieser Art und Weise,
ist jedes Jetzt nur einmal da.

Dies zu erleben, jetzt um jetzt
der Augenblicke ohne Zahl,
hat die Natur in sich geboren
bewußtes Denken ihrer selbst.-

E. Hartwig, 23.04.97

               *******

Unschuld des Werdens. (Nietzsche)
Die Wahrheit des Seins ist das Werden. (Nach Hegel)

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Der neue Copernikus

Welt - wie groß! Welt - wie schön!
Und ich bin geboren alles zu seh'n.

Das alles zu spüren, zu riechen, zu schmecken
und immer entdecken, entdecken, entdecken!

Was alles gewesen in tausenden Jahren,
will neu ich entdecken, will neu ich erfahren.

Denn dies ist entstanden und dies wird vergeh'n
Und dies will ich wissen und will es versteh'n.

E. Hartwig        Berlin, 11.07.97



Unser Leben - ein Mysterium

Wir sind mit allem unbekannt,
Ganz genau kennen wir nichts,
auch uns selber nicht.

Würden wir nicht aufgerufen
von Lebensnotwendigkeiten,
von einem Augenblick zum anderen,
und hätten wir nicht diesen Zusammenhang,
dann würden wir uns selber verloren gehen.

In rührender Hilfsosigkeit
rufen wir einander beim Namen.
Ein Name tritt anstelle dessen,
was unerkennbar entsteht und vergeht.

Unser Bewußtsein - ein kleines Licht,
ist ein biologisches Phänomen. -

Wie sollte auch ein
der Notwendigkeit entsprungenes
Gebilde von Fleisch und Blut
erraten können, was war und was ist.-

E. Hartwig         Berlin, 17.07.97

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Suchen und finden,
Lösen und binden

Wie nah ist die Ferne,
die Nähe, wie weit.
Und alles kommt wieder
am Bande der Zeit.

Vorüber geht alles
im Sauseschritt.
Was sich stets gleich bleibt
geht immer mit.

E. Hartwig, 8.9.97



Wunder

Ein Wunder ist die ganze Welt,
ein Wunder ist das Himmelszelt,
ein Wunder sind wir selber.

Und wenn wir "Tod und Teufel" sehn,
und wenn wir vor die Hunde gehn,
so ist auch das ein Wunder.

Das liegt an uns'rer Dümmlichkeit,
denn unser Wissen reicht nicht weit,
und darum sehn wir "Wunder".

E. Hartwig, 18.9.97

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Frisch und neu,
dein Leben sei

Buddha, merke dir vor allem:
was man tut, daß muß gefallen.
was man gern und freudig tut,
lieber Buddha, das ist gut.

Dreh' nich nur Gebetesmühlen,
du mußt mit dem Leben spielen;
neue Sachen, leicht und licht,
findet man beim Beten nicht.

Meditiern im Lotussitz
ist auf die Dauer ohne Witz.
Denk dir nur, was dir entgeht,
meditierst du früh und spät.

Um viel Neues zu erfahren
von der Welt, der wunderbaren,
muß man in die Welt hinein,
muß für alles offen sein.

E. Hartwig, 29.9.97



DAS FEST DER SINNE

Mit allen Fasern spüre die Welt,
wie der Baum, wie die Blume es tut.-
Die Wesen alle spüren die Welt
mit Organen, so künstlich und gut.

Die sinnliche Vielfalt der Lebewesen
entspricht der Vielfalt ihres Erlebens.
Zahllos im wahrsten Sinne des Wortes,
endlos in unterschiedlichster Gestalt,
so leben Pflanzen und Tiere im Schoße der Welt.

Und alle sind sinnlich von Anfang bis Ende,
alle erleben, was innen und außen geschieht.-
Wer könnte ermessen, wer könnte zu schildern versuchen
das Fest der Sinne, das Wesen der Welt.-

E. Hartwig, 3.10.97

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Zuletzt

Es war einmal ein Mensch der vieles wollte,
der manches Jahr nach seinen Wünschen lebte.
Von dem, zum Schluß, ist nur ein Hauch geblieben,
ein schwacher Hauch, verloren in der Luft.

Er weiß noch dies und jenes was geschah,
was seinem Wunsch und Willen sich ergab.
Er weiß noch wie er hieß und wer er war,
nun aber weiß er, was er wirklich ist.

EH. 11.10.97

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An Bord M.S. "Welt"

Erlauschen was da wo geschieht,
genießen vielerlei.
So leben wir im Nirgendwo,
und das ist gleich vorbei.

Vorbei ist es; und es fing an
so unvermutet schön.-
Was sagt mir immerzu die Welt?
Es gibt so viel zu sehn.-

EH. 19.1.98


Die Gastgeschenke dieses Tages

Da muß ich wohl den Tag auch vor dem Abend loben
der mir vergönnt noch solche Meisterproben
der Denk- und Schreib- und Druckkunst unsrer Tage,
der wahren kulturellen Heldensage.

Siebenundzwanzig Mal "Kosmologie",
im Insel-Verlag erschienen sie.
Die "Urzeit" ist bei Bechtermünz erschienen,
uns mit des Lebens uralt Bild zu dienen.

W. Nachtigall beschreibt "Mikroskopie". -
"Evolution", im Buch - sah ich noch nie
so gut beschrieben, wie von David Young.
Im DTV-Verlag erschien sodann:

"v. Ditfurt": "Homo Sapiens Wirklichkeit"
zu lesen ist dort, wie zu jeder Zeit
Natur am Werke war und heute ist,
so wahr und wirklich, wie du selber bist.

Mit diesem Wissen kann es uns gelingen,
in aller Dinge Wesen einzudringen.

E. Hartwig d. 21.2.98

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Oknos

Wie ich auch die Hände ringe,
endlos ist das Band der Dinge,
endlos ist der Fluß der Sachen,
Uferlos ist unser Machen.

"Halt" muß ich mir selber sagen,
nichts und niemand kann ich fragen,
ob ein Sinn, ein Ziel da ist,
das man weiß, das man vermißt.

Alles ist pro forma da,
wie und wo es auch geschah.
Was ich bin in meiner Zeit,
ist für mich von Wichtigkeit.

E. Hartwig 22.2.98

"Oknos war im altgriechischen Mythos eine Sagengestalt, die (vergleichbar der Sisyphus -
Sage) endlos ein Seil flicht, das aber immerzu von einem Esel gleich wieder aufgefressen wird.
Vergleichbar dem buddhistischen Mythos vom ewig rollenden Weltrad ("Sausara"), sowie
auch vergleichbar Nietzsches Idee einer ewigen Wiederkehr des "nicht Gleichen".



Naturgeschehen

Wie gedacht für den Gebrauch,
also sind die Dinge auch.

Dennoch ist in der Natur
von Gedanken keine Spur.

Alles macht sie ohne Frage,
immer, ewig, alle Tage.

E. Hartwig 23.2.98

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Hallelujah

Was wirklich ist, das glaubt ihr nicht,
ihr meint, da sei noch mehr;
ergrübeln läßt sich manches, doch
ergrübeln ist nicht schwer.

Münchhausen hat bekanntlich auch
manch tolles Ding erlebt,
noch wen'ger glaubhaft ist jedoch,
was euch vor Augen schwebt.

Wer da nicht glaubt, was er doch sieht,
was selbst er fühlt und ist,
der ist vielleicht ein Muselman,
ein Jude oder Christ.

E. Hartwig 24.2.98



Technik

In der Natur steckt alles drin,
die Technik holts heraus.
'Da ist die Welt', sagt die Natur,
'sei klug und mach was draus'.-

Das tat der Mensch. Er dachte nach,
zerlegte jedes Ding;
und fand bei jedem Ding heraus
wie es zusammenhing.

Und dies Zerlegen trieb der Mensch
wie die Natur es treibt;
so daß im Zeit- und Stoffbereich
kein Zwischenraum mehr bleibt.

Da läuft die Zeit mit einem Ruck
durch tausend Jahre fort,
da ist der Mensch, wenn er es will,
sofort an jedem Ort.

Vom Feuerstein zum Aeroplan
und gar zum Mondbesuch,
die Technik ward zum Segen uns
und manchmal auch zum Fluch.

E. Hartwig, (Bln.-Steglitz), 17.5.98
(v980516g.txt)

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Ich und Du

Ich weiß alles was ich weiß,
weiß ich auch was andere wissen?
Andere wissen anders das,
was du selbst zu wissen glaubst.

Anders wissen, anders fühlen,
anders sein ist Menschenart.
Hat zwei Beine, hat zwei Hände,
ist doch anders ganz und gar.

Dieses Andere möcht ich wissen,
möcht ich sein, wenn's irgend geht
und es geht nur so, wenn ich
dieses andere nachvollzieh.-

E. Hartwig, (Bln.-Steglitz), 17.5.98
(v980517g.txt)

Eins ums andere

Auf meinen Herzschlag horchend,
nehm' ich selbst mich wahr;
daß ich ein Ding mit Motor bin,
das ist mir völlig klar.

Motorisiert nur lebe ich
wie jedes Ding, das lebt,
Nur so kann kurze Zeit bestehn,
was fühlt und denkt und strebt.

E. Hartwig, 2.6.98

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Fortschritt

Zwei Tendenzen bringen, vereinigt, alles hervor.
Deine Eltern vererben zwei Tendenzen auf dich.
Dialektik, sagt Hegel, ist der Gang der Natur.
Zwei Dinge müssen sich finden, damit ein Drittes entsteht.

E. Hartwig, 11.6.98



Sachen

Der Wert der Sachen, der hängt ab
        allein von dem Gebrauch,
Daher bist du, ist jeder Mensch
        nur eine Sache auch,

Wir schätzen dies, wir schätzen das,
              wir leben so vorbei.
        Warum, wofür man hat gelebt,
              das ist wohl einerlei.

Ein jedes Leben ist ja doch
        mit Sachen angefüllt.
Das Ding an sich ist weiter nichts,
        als aller Dinge Bild.

E. Hartwig, Berlin-Steglitz, 22.6.98.

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Ausklang

Wenn dein Leben erst dein Sterben wird,
dann bist du wohl am Ziel,
Der Dinge Andrang endigt sich.,
der in dein Leben fiel,

Das alles schaut dich fragend an,
ist hilflos ohne dich,
So viele Welten in der Welt,
doch keine mehr für mich.

Die Blume blüht, der Vogel singt,
die Welt geht nicht zur Ruh',
Dem Menschen geht es ebenso,
ein Exemplar bist du.

Je weniger Tage einer hat,
je mehr sind sie ihm wert,
Verschreiben sie, versprechen sie,
das wäre wohl verkehrt.

E. Hartwig, Berlin-Steglitz, 22.6.98.



N a t u r w u n d e r

Was du an Tieren hast gemacht,
das hätte Keiner sich erdacht.
Und alle Pflanzen noch zuvor
mit ihrem bunten, grünen Flor.

Was Kolibris allein vollbringen,
das ist der Clou von solchen Dingen.
Als Technik unerklärlich fast
mit Mininest an Blatt und Ast.

Man sieht die Flügelschläge nicht,
so schnell sind sie, so schnell und dicht.
Fliegt auf der Stelle vor dem Nest,
hält sich wohl an den Lüften fest.

Und füttert dabei noch die Kleinen.
Ein Wunder ist es, möcht ich meinen.
Auch Menschenkunst kann viel erreichen,
doch beides ist nicht zu vergleichen.

E. Hartwig, 30.8.98


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Die Bücher

Das Bücherkaufen, das war meine Lust.
Ich habe ihr Wissen zu schätzen gewußt.
Was man wußte und dachte im Erdenrund,
viel tausend Bücher machten es kund.

„Das kannst du im ganzen Leben nicht lesen!”
ist damals die Warnung von Freunden gewesen.
Doch alles Glück das sich finden läßt,
in Texten und Bildern hält man es fest.

E. Hartwig, 15.9.98.
(v980915g.txt)

Sinn und Form

Das Gehirn, es ist zum Staunen,
was es faßt und was es kann.
Was die Sinne ihm vermitteln,
wird zum Wissen, wird zum Werk.

Manches Kunstwerk wird geboren,
so in Tönen, so im Wort;
so in jedem Material
aus der Werkstatt der Natur.

Diese Farben ! Diese Töne !
Dies Gefühl von mir zu dir !
Wir erleben im Bewußtsein
eine zauberhafte Welt.

E. Hartwig, 7.11.98
(v981107g.txt)

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Natur und Kunst

Menschen können denken
und phantasieren dazu,
Ureigne Werke zu schaffen,
daß läßt ihnen keine Ruh'.

Ihr denken und phantasieren
probieren sie immer aus.
Weit braucht man danach nicht suchen,
es wurde so vieles daraus.

Man kann es überall sehen
in alter und neuer Zeit.
Das eigne Können und Schaffen
hat Menschen immer erfreut.

E. Hartwig, 9.11.98
(v981109g.txt)

Volksdienst

Emil Hartwig, 1873 - 1943, (M.d.R.)

Wie jeder Mensch ganz unnachahmlich ist,
so war auch er als Unikum geboren.
Er war ein Wesen ganz besonderer Art.

Als Kind schon fast auf sich allein gestellt
war er der ärmste Knabe auf der Welt.

Da zog die Arbeit ihn in ihren Bann.
Das Tätigsein war für ihn Start und Ziel.

Des Weltkriegs Wut, die konnte ihn nicht fressen,
denn Bucklige, die fraß der Weltkrieg nicht.

So ging er aus des Krieges Konvulsionen
bereit zum Dienst an seinem Volk heraus.

Die kleinen Leute wählten ihn zum Führer,
ihr Sprecher sollte er im Reichstag sein.

Der Ärmsten einer, die es damals gab,
und wurde doch zum Vorbild für so viele.-

E. Hartwig jr., 12.11.98
(v981112g.txt)

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Existenz und Gegenwart

Man lebt und lebt und lebt und lebt,
und denkt sich was dabei.
Doch kaum ist etwas endlich da,
da ist's auch schon vorbei.

Wir sind ein Teil von einer Welt
die ständig kommt und geht.
Die Existenz, das ist ein Wind,
der uns vorüberweht.

E. Hartwig, Bln.-Stegl. 24.12.98
(v981224g.txt)

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Alleins

Der Mensch, der alles was geschieht im Kopfe hat,
der weiß sich in die Dinge selber eingebunden.
Er liebt sich selbst, wenn er die Dinge liebt.

Denn was da ist, das ist so zauberhaft,
das ist so unterschiedlich artenreich, -
ist eine Sinfonie von Tod und Leben.

Die Elemente sind ein großer Rahmen,
den wir im Kleinsten wie im Größten sehn.
In unserm Fühlen, denken, Glauben,
da fühlen alle Elemente mit.

E. Hartwig, Bln.-Stegl. 02.01.99
(v990101g.txt)



Tschuang-Tse-Buch

TSCHUANG - TSE

Ein Buch, mir lang entschwunden,
nun ist es endlich da.
Es hat sich eingefunden,
das ich so lang nicht sah.

Noch einmal möcht ich lesen
was in vergang'nen Jahren
mir Trost und Halt gewesen
in Not und in Gefahren.-

*) Ein gelbes Inselbüchlein,
das ich 1939-45 (Soldat)
bei mir hatte.

E. Hartwig, Bln.-Stegl. 02.01.99
(v990102g.txt)

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Die Gedanken sind frei

Was Hände nicht tun können,
daß muß man mit Gedanken machen,
und so entstanden Bauten geistiger Art.

Stein auf Stein und Bild nach Bild,
das langt aus für bescheidene Gemüter,
aber manche Menschen denken darüber hinaus.

Denn unermeßlich ist das Reich der Gedanken
und unvergleichbar dauerhafter
sind die Gebäude reiner Vernunft.

E. Hartwig, Bln.-Steglitz, 10.1.99.
(v990110g.txt)



H O M O   H A B I L I S

Verdammt geschickt, verdammt geschickt
ist dieser tolle Apparat.
Für den gibts kein „das gibt es nicht“,
kein Job ist ihm zu hart.

Der schafft sich seinen eignen Ort,
der schafft sich seine eigne Welt.
Der nimmt es auf mit jeder Macht,
mit jedem Anspruch, der sich stellt.

Du siehst ihn überall am Werk,
ihn hindern Mühe nicht und Not.
Er, namenlos und ohne Schutz,
ernährt von Wasser und von Brot.
(ernährt von Wasser sich und Brot.)

E. Hartwig, 23.1.99.
(v990123g.txt)

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Unsagbares

Es ist alles gesagt, was soll man noch sagen?
Und doch will Jeder sein Staunen in Worte fassen.
Wir Menschen sehen das Werden der Welten,
wir sehen des Lebens verschlungene Bahn.

Einer sagt es dem Andern und Alle sagen sichs selber,
wie alles in seiner Schönheit erscheint.
Die lebenden Wesen mit all ihren Sinnen
erleben das Wesen, das Werden der Welt.

Wie ärmlich unsere Worte auch sind,
doch sprechen sie aus: unser tiefes Gefühl.
Wir selber sind wenig doch unser Erleben,
es spiegelt getreulich das Bild der Natur

E. Hartwig, 2.2.99.
(v990202g.txt)

Wir sind als ob wir wären

Unzählige Menschen und alle verschieden
und alle vereint im Lebensgenuss.
Der Hall ihrer Seufzer, die Flut ihrer Tränen,
und alle vereint im Lebensverdruss

Sie alle sind harmlos ins Leben getreten,
nicht anders wie Mücke und Vogel und Frosch.
Sie alle mussten sich selber behaupten,
sie haben gekämpft bis ihr Leben erlosch.

Da ist die Natur, da ist alles Leben
und alles Fühlen und Wissen darin.
Und immer wieder entstehen die Wesen,
Und immer wieder gehn sie dahin.

E. Hartwig, Bln.-Steglitz, 28.2.99.
(v990228g.txt)

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Unschuld des Werdens

Du Mensch, du bist nun einmal da,
du kannst dir nicht entgehen.
Und keiner weiß, wie es geschah,
es ist Naturgeschehen.

Das heißt, du bist dir selbst geschenkt,
hast keine andren Sorgen.
Das Denkorgan, das in dir denkt,
lebt heute nur und morgen.

Du bist nur so wie alles ist:
Im All von selbst geboren.
Nichts wird dabei gewonnen und
nichts geht dabei verloren.

"Angst?" - Was soll die Angst denn da,
wo Keiner Jemand ist?
Wo niemand weiß, wie es geschah,
wo du wie alles bist.

E. Hartwig, Bln.-Steglitz, 30.3.1999
(v990330g.txt)

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Nichts bleibt, doch alles ist

Das reine Dasein, sonst ist nichts zu sehen,
das reine Dasein, kurz ist's oder lang.
Das Tier, nur Tier und ohne es zu wissen, -
das reine Dasein, immer neu gelebt.

Kunststücke der Natur sind alle diese Wesen.
Sie hat sie aus sich selbst hervorgebracht.
Wir wollen Sinn und Zweck ins Leben legen,
doch die Natur sieht nur auf Kunst es ab.

Doch, da wir selbst Natur in jedem Sinne sind,
ist Sinn und Zweck auch ein Naturprodukt.
Wir sind die Ausnahme, die außer Kunst
ergrübelt, was sich nur ergrübeln läßt.

Natur und Kunst, das ist doch wohl dasselbe,
und Menschenkunst ist darin ein Aspekt.
Natur als Kunst, wer so Natur betrachtet,
der kommt ins Reine wohl auch mit sich selbst.-

E. Hartwig, 20.4.99
(v990420g.txt)

Engpass Alter

Schmerzempfinden - Lustempfinden,
und dazwischen tausend Werte.
Und im Alter, auf der Scala,
plagen oft extreme Werte.

Und man kann beim besten Willen
die Maschine an nicht halten.
Immer wieder produziert sie
Grenzen unerträglich leidvoll.

Darauf heißt's zu leben lernen,
leben mit der kaum erträglich,
übertrieb'nen Lust und Leid.-

E. Hartwig, 6.5.99
(v990506g.txt)

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Der Mensch als solcher

Der Mensch als solcher
der ist das Muster:
das Muster für alles
was es hier gibt.

Auf and'ren Planeten
ein anderes Muster:
ein Muster für alles
was es dort gibt.

Und das ist das ständige
Jetztsein der Welten,
daß immer dabei sind
das Leben, der Tod.

Emil Hartwig, 13.5.99



Ein altes Lied

Auf dieser Erde da ist es gewesen,
da haben die Menschen gehaust.
Da waren die Dörfer, da waren die Städte,
die Burgen als Zeugen der Zeit.

Kaum Jemand weiß noch wie alles gewesen,
man findet noch Waffen im Schutt ...
Vom Wald überwachsen sind Mauern und Türme,
versunkene Gräber ringsum.

Und waren doch einmal bevölkert von Menschen,
von Menschen mit Sorgen und Glück.
Und diese Geschichte, die steht in den Sternen,
was war, das kehrt so nicht zurück.

Emil Hartwig, 20.5.99

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Der Mensch bedarf des Menschen sehr

Nie wieder genauso, doch immer ganz ähnlich
spielen Leben und Sterben sich ab.
Was einer Gattung als Erbe beschieden,
im Großen und Ganzen bleibt es sich gleich.

Und dennoch lebt jeder Mensch nur sich selber,
wie sehr er den Eltern auch äußerlich gleicht.
Ein Leben im Ganzen entspricht wohl der Gattung,
doch Denken und Handeln des einzelnen Menschen
zeichnen ganz unvergleichlich ihn aus.

Emil Hartwig, 27.5.99



Entstehen / Vergehen

Verzweiflung fällt den Menschen an
wenn ihm sein Ende naht;
wenn schmerzgepeinigt da zerfällt
was er geworden ist.

Wir haben lange Zeit erlebt
wie wir geworden sind;
aus Nahrunsmitteln wurde da
ein selbstbwußter Mensch.

Das Wesen dieser Welt besteht
im Werden und Vergehn,
das können wir, wie überall,
auch an uns selber sehn.

Emil Hartwig, 4.6.99

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Was immer ist indem es wird

Durch Fühlen und durch Denken Sein,
durch Wort und Sprache Sinn,
so kommt Natur ganz allgemein
zu Selbstbewußtsein hin.

Was alles wird, was alles ist,
entsteht weil es vergeht.
Durch aller Wesen Eigenart
Natur sich selbst versteht.

Was alles ist indem es wird,
kann alles immer sein.
Was einmal war, es kommt er-neut
ins Ewige hinein.

Emil Hartwig, 4.6.99



Was auch vergeht, die Welt besteht

Wir müssen Werden und Vergehn
im Licht des großen Ganzen sehn
Was da erscheint und dann vergeht
doch fest im großen Ganzen steht.

Äonen ziehen wohl vorbei
und alle Dinge werden neu.
Stets wechseln Dunkelheit und Licht,
doch ändert sich das ganze nicht.

Emil Hartwig, 19.6.99
(v990619g.txt)

(Angenommen: Alles ist Alles = Einheit aller Dinge u. ihrer Verhältnisse
Dann gäbe es nichts außerdem,
so daß es keine sinnvollen Fragen mehr gäbe,
denn alle Antworten auf alle etwa möglichen Fragen
sind durch Hinweis auf die Einheit aller Dinge gegeben.
E.H. 11. 7. 99)

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Gruß an Goethe

Symbolisch hat man alles nur.
Man selbst ist nur Symbol.
Wie sehr ist selbst man doch ein Ding,
das so die Dinge liebt.

Ja, dieses Sein! Aus Dingen ist's,
aus Dingen, die geschehn.
Geschehn! Erleben! Unser Ich!
Und unsere kurze Zeit!

Hinein ins Leben und hinaus, —
das sagt man so dahin.
Doch zwischendurch ist man ein Ich,
sich selber ein Symbol.

Emil Hartwig, Berlin, (19.)20.6.99
(v990620g.txt)

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Am Leben sein

Der Körper noch voll Leben ist,
wenn er es mühsam schafft,
wenn er des Lebens Bürde trägt
nur noch mit letzter Kraft.

Lebendig sein ist wie ein Traum:
ein Ding das wirklich lebt, —
das wie von selbst den Atem holt,
von selbst die Glieder regt!

Mit ganzer Lust lebendig sein, —
Das kann ein Mensch verstehn,
der aus dem Lebensvollen muss
ins Unfühlsame gehn.

Emil Hartwig, Berlin, (19.)21.6.99
(v990621g.txt)



W i r   a l l e

Wir alle, die wir Nichtse sind,
vom Wind verweht, vom Weltenwind, —
wir alle sind in Lust und Qual
Bewusstseinsträger allemal.

So spielen wir in der Natur
Statistenrollen alle nur.
Und dieses tun wir fabelhaft
Zwangsläufig noch mit letzter Kraft.-

E. Hartwig, 29.7.99

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Macht der Versuchung

So wie wir sind, so müssen wir sein,
doch können wir hegen und pflegen;
und in einem gewissen Rahmen
uns den Gegebenheiten anpassen.

Gefühle der Lust, sie reißen uns hin,
es bleiben der Schmerz und das Leid.
Wer kann sich entziehen dem Machtspruch der Lust?
Wer kann sich erretten vor ihr?

Um zu bestehen die Gefahr der Versuchung
sei wie Odysseus einst war.-

E. Hartwig, Berlin, 5.8.99



Nirvana

Die verdammten Gefühle,
sie machen uns aus.
Wir machen das Beste,
das Schlimmste daraus.

Hat einer seine Gefühle im Griff,
hält Kurs einstweilen sein Lebensschiff.
So treiben wir weit
durch das Leben dahin,
der Zufall beschert uns
Verlust und Gewinn.

Genug gelitten, genug gelebt,
genug gestritten, genug gestrebt.
Die Herkunft ist wie ein schwarzes Loch.
Die Hinkunft ist wie ein schwärzeres noch.

E.H. 3.9.99
(v990903g.txt)

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Entstehen, vergehen,
als Einheit der Welt
vereinigt die Welt

Entstanden aus einander sind alle Dinge.
So schwinden wir selber dahin.
Die vielen Gestalten, die so sich vereinten,
sie werden entschwinden auf ewig dahin.

So spielen die Wellen der Welt und des Lebens,
sie spielen den Kosmos, sie spielen das Sein.
Sie spielen auf ewig das Lied vom Entstehen,
das Lied vom Entschwinden im Neuen, das Kommt.

Und all das geschieht in Schönheit und Würde,
in Kummer und Leid, in Schmerz und in Lust.
Der Schmerz und die Lust, sie lieben einander.
"Und alle Lust will Ewigkeit,
will tiefe, tiefe Ewigkeit" *)

E. Hartwig, 01.12.1999 [*) NIETZSCHE]

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