Dichtungen von Emil Hartwig aus den Jahren 1980 - 1989
(Stand 29.04.18 -82-)

Abgesang  /   Allein in der Unendlichkeit  /   Alles geht mich an  /   Alles geht mich an  /   Alles was man haben kann  /   Alter Mist heute neu  /   Apparat und Bewußtsein (II)  /   Auf eigenen Füßen  /   Auf Reisen  /   Augenblicke  /   Bewusstsein auf die Hand gestützt  /   Das ABC der Natur  /   Das Bewußtsein als Pandämonium  /   Das Innenleben ist unmeßbar groß  /   Das Machbare und das Denkbare  /   Das Viele ist das Eine  /   Das Wort als Hort  /   Der Geist, mit Hilfe der Gedanken  /   Der Schatz im Fels  /   Die Natur ist das Leben - das Leben ist die Natur  /   Diogenes  /   ... du kleines Licht vom großen Licht  /   Du Leben  /   Echte Liebe  /   Ein Einziger und sein Eigentum  /   Einmal für immer  /   Ergebnis aller Änderung:  /   „Erkenne dich selbst!“  /   Ewige Wiederkunft  /   Fressen und gefressen werden  /   Geheimnisvoll am lichten Tag...  /   Geistig frei  /   Gefühl Ist alles, Name ist Schall und Rauch.  /   Gehirntiere, die Mensch spielen  /   Gestaltung - Umgestaltung...  /   Glaubensfrage  /   Gottesstreiter, Prinzipienreiter  /   Halten wir es einfach aus!  /   Heilige Einfalt  /   Helden  /   Hier und dort  /   Himmel  /   Himmel und Hölle  /   Homo mirabilis"  /   Im grossen Buch des Bewusstseins  /   Im Innern ist ein Universum auch...   /   In allem das eine  /   In allem, Natur, bist du pur  /   Jeder verliert nur was er qewinnt  /   Jenseits von Gut und Böse  /   Jetzt und hier  /   Kirchengeschichte  /   Leben und Sterben  /   Lebenskreise  /   Lex Rumpelstilzchen  /   Man wird das was man ist  /   Max Stirner - Masse Mensch  /   Menschenwerk  /   Natur  /   Naturgeschehen (Naturerscheinungen)  /   Naturgeschehen (2)  /   Natur und Geist  /   Ohne weiteres  /   Panem et circensis  /   Rettung  /   Schütze Arsch resümiert  /   Sein und Nichtsein, innig vereint...  /   Sein und Werden  /   Sinnvolles Leben  /   Spaziergang  /   Stückwerk ist das Menschenleben  /   Tausend = Eins  /   Unschuld des Werdens  /   Unser Bewußtsein  /   Unsere Zeit - Relatives und alle Zeit - Absolutes  /   Vergessen - Behalten  /   Viel Aufhebens machen  /   Was ist das wird  /   Was ist, geschieht...  /   Wiederkehr im Traum  /   Zugleich  /   Zum Verständnis der Natur  /  

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Das Wort als Hort

Was nimmermehr veraltet,
in Worten wird's gestaltet.
Was nimmermehr vergeht,
in Worten es besteht.

Was ich mit Worten mache,
das ist der Kern der Sache.
Der Buchstab und das Wort,
sie sind ein fester Ort.

Bilder und Gestalten
immer schnell veralten,
verschwinden ohne Rest
das Wort nur hält sie fest.

            *

"Natur", - das ist das Zauberwort,
das alle Dinge klärt.
Natur ist Zeit, Natur ist Ort,
wo alles ewig währt.

E.H. 1980?
(v800000g.txt)

DU LEBEN

Du Leben bist so wunderbar,
dein Wesen ist so sonnenklar,
daß wir dich nicht nur sehen,
daß wir dich auch verstehen.

Zufall und Notwendigkeit
bewirken beide jederzeit
den Werdegang des Lebens,
des Wollens und des Strebens.

Die Einzelheit lebt schnell vorbei.
Manch Tierlein weiß kaum ob es sei.
Der Mensch sagt: außer Spesen
ist da wohl nichts gewesen.

Doch die Natur macht wie im Spiele
aus wenig Eintagsfliegen viele.
Ein A und 0 des Lebens
suchst du bei ihr vergebens.

Es kommt genau das was sie will
im großen Ringelreihen.
Wir können die Natur verstehn
und uns an ihr erfreuen.

E. Hartwig, L., 31.7.81
(v810731g.txt)

Viel Aufhebens machen

So gut wie die Natur ihr Universum hat,
so hat der Sammler eines um sich her,
es ist ein Universum eigener Art.

Erscheinungen in ihrer Flüchtigkeit
manifestiert er,
sammelnd, liebend und belebend sie.

Aus all den Mappen holt er sie hervor,
belebt das Alte, es bewundernd, neu.

In schnellem Wechsel schwindet alles fort,
der Sammler hegts an seinem stillen Ort.

Und bricht die Welt so roh, so ungestüm
in seine Sammlung, sie vernichtend, ein,
in der Minute, die dem Sturme folgt,
legt er zur neuen Sammlung schon den ersten Stein.

E. Hartwig, 15.2.82
(v820215g.txt)

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Gefühl ist alles Name ist Schall und Rauch.

In Fremdentum und Eigentum
hat sich Natur geteilt,
in Differenzen vielerlei
sie Wohl- und Wehtun heilt.

Aus Zeit und Raum aus Kraft und Stoff
geht Sinnlichkelt hervor.
Wie Aug' und Licht sich einig sind,
so sind es Schall und Ohr.

Aus Lebenskeimen überall
gestaltet sich Gefühl,
Wo Fühlen auch zum Wissen wird,
da ist Natur am Ziel.

E.Hartwig, Berlin 41, 26.2.1982
(v820226g.txt)

Das Bewußtsein als Pandämonium
(Der Sinn der Welt: das Bewußtsein)

jede Art Unsinn, jede Art Sinn,
im menschlichen Geist, da stecken sie drin.

Wir nennen es Seele, nennen es Geist,
Bewußtsein ist es allermeist.

Das nimmt von allem was es gibt,
was es wünscht, freut, hofft, und was es liebt.

Der Welten Ende, der Welten Beginn,
in unseren Köpfen, da gehen sie hin.

Aus unseren Köpfen kommen sie her:
Wahre Geschichten und Wundermär.

Der Mensch an sich, welch armer Tropf,
und doch gehen Welten ihm durch den Kopf.

E. Hartwig, Tokoroa, New Zealand, 29.3.83


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Sein und Werden

Wir spielen unser Spiel.
Die Welt geht ihren Gang.
Ein Rädchen will nicht gehen,
schon bist du sterbenskrank.

Aber die großen Räder
der Welt gehn immerzu.
Sie altern nicht beim mahlen
wer altert, das bist du.

Zum Fühlen, zum Gestalten,
zum Wissen sind wir da,
sind unserm Lebensende,
dabei doch immer nah.

Wir haben keine Dauer,
die Welt ist dauerhaft.
Wir haben keine Kräfte,
die Welt ist voller Kraft.

Wir fühlen, sehen, denken
im Auftrag der Natur.
Dazu ist uns gegeben
dies kurze Dasein nur.

Hinweg mit allen Flausen
verkrampfter Menschlichkeit!
Den Weg des Alls zu gehen,
dazu bin ich bereit.

E.Hartwig, 1.12.83
(v831201g.txt)

Das Machbare und das Denkbare

Tausendfältig ist die eine
Wahrheit auf der Welt vertreten.
Denkende Gehirne fassen
lückenhaft das Wahre auf.

Was so viele schon erfaßten,
in Zeit und Raum der Welt verstreut,
das muß jeder Neugebor'ne
selber denkend selbst erfahren.

Und so kämpft sich durch die Zeiten
Wahr- um Wahrheit eisern fort.
Könnt' man sie im Ganzen pflücken!
Doch das Leben ist zu kurz.

Namen sind es, viele Namen,
die vom Ruhm der Wahrheit künden;
Stück für Stück trat sie ins Leben,
vor die Augen Dem und Jenem.

'Melancolia' nannt' sie Dürer,
der sie ahnte, doch nicht wußte.
Und so muß sie heut' noch weinen,
Wahrheit, unterdrückt wie immer.

E. Hartwig, 12157 Berlin 41
(v840000g.txt)

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Naturgeschehen
(Naturerscheinungen)

Schönheit, Schönheit,
                    so lange sie währt,
Schrecknis, Schrecknis,
                    schaurig verklärt,-
Menschlein, Menschlein,
                    du bist gemeint,
Wenn die Natur im
                    Zauber erscheint.

Abwärts, abwärts
                    wandern wir all,
Aufstieg, Aufstieg
                    und dann der Fall!
Menschlein, Menschlein,
                    achte es nicht,
Leben, oh Leben - unsere Pflicht.-

E. Hartwig, Berlin 41,
            11.4.84.

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Tausend = Eins

Die Vielheit treibt - Die Einheit bleibt.

Die Welt, sie ist ein Stäubchen bloß,
man denkt, sie wäre riesengroß.
Da sind die tausend Dinge
in einem großen Ringe.

Und doch ist alle Vielheit da
mit Lust, mit Leid, mit viel Trara
Und tausend Dinge machen
wohl hunderttausend Sachen.

Die Einheit sagt, es bleibt dabei,
ich werde nun und niemals zwei.
In mir sind alle Dinge,
die ich ins Dasein bringe.

                    +++

Das alles bist du selbst Natur,
Gehst immer in der eig'nen Spur,

Daß du das Ein-und-Alles bist
beweisest du zu jeder Frist.

Sind wir kein Ich, dann sind wir Du,
mit uns siehst du dir selber zu,


E.Hartwig, Berlin 41,
              15.4.84.


Leben und Sterben

Wir sind Natur und insofern frei
zu diesem Leben wie es auch sei.

Naturgeboren, Naturgeprägt,
der Wille zum Leben in uns sich regt.

Was Nietzsche 'Unschuld des Werdens' genannt,
als Sterben auf Raten ist's uns bekannt,

Das tägliche Sterben, wir merken es nicht,
das tägliche Leben hat größ'res Gewicht

Zum Ursprung des Lebens gehn wir zurück
durch viele Leiden und durch viel Glück,

E. Hartwig, Berlin, den 23.4.84

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Geheimnisvoll am lichten Tag...

Keiner weiß wie es geschah,
Was heißt 'leben'?- Wir sind da!

Und her und hin und hin und her
wogt ruhelos das Lebensmeer.

Und auf dem Meer ein heller Saum,
Bewußtsein bildet sieh wie Schaum.

So ist Natur, so ist ihr Brauch:
In allem Leben lebt sie auch.

Wie alles auch der Mensch bedenkt,
von Ratseln bleibt er eingeschränkt.

Das Leben selber ist wohl schon
des Lebens Sinn, des Lebens Lohn.

E. Hartwig, 5.5.84


Lex Rumpelstilzchen

Lohengrins sind uns vertraut,
Lohengrins, wohin man schaut.

"Auserwählt", - "Von Gottes Gnaden",
Neuer Schwindel, alter Schaden.

"Nie sollst du mich befragen,
noch Wissens Sorge tragen,
woher ich kam der Fahrt,
noch, was sein Nam' und Art."

Sie haben uns immer beschissen,
doch soll es keiner mehr wissen.
Und wer davon noch sprechen will,
den macht "Lex Rumpelstilzchen" still.

E. HARTWIG, 5.5.84

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Ohne weiteres

Sei so wie du eben bist.
Nimm das Leben wie es ist.
Denke viel und denke wenig,
Jeder ist sein eig'ner König.

Laß den Dingen ihren Gang,
allem Guten sage Dank.
Welt wird alt und Welt wird neu,
alles ist dann einerlei.

Das kleinste Tierchen zeigt dir an,
wie man die Welt gewinnen kann.
Das lebt und webt so für sich hin,
das bleibt im Leben mitten drin.

               *****

Es gibt viel Dummheit in der Welt,
doch auch viel Spaß für wenig Geld.
Drum lasse Dummheit Dummheit sein
und mache deinen Dreck allein.

E. H. 9.7.84
(v840709g.txt)

Himmel und Hölle

Wie einfach ist in Wirklichkeit,
das wahre Bild von Raum und Zeit!
Die Wirklichkeit uns zu verstellen
erfindet Himmel man und Höllen.

E. H. 28.7.84
(v840728g.txt)

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Max Stirner

Masse Mensch, da findet sich
bald ein Führer sicherlich.

Masse Mensch, das wälzt sich hin
ohne Halt und ohne Sinn.-

Eig'ner Sinn und eig'ner Weg
sei dein schönstes Privileg.

E. H. 28.7.84
(v840729g.txt)

„Selbsteig'ner Sinn laß dir nicht rauben,
woran die Menge glaubt, ist leicht zu glauben.“ Goethe

Der Schatz im Fels

Aufgaben stellt Natur zuerst,
schafft auch den Menschen, der sie löst.
Mit Staunen sieht man, wie ein Mensch
mit Kraft und Mut zur Stelle ist.

Was tut er, 'homo sapiens', nicht!
Schafft Eisen, Pickel, Seile her.
An hundertzwanzig Meter Seil
schwingt er am Abgrund hin und her.

Er schlägt aus einer Felsenkluft
den Quarz, den schönsten, den es gibt.
Und bringt nach todesmutgem Gang
den Schatz der Berge uns herab.

E. H. 6.8.84
(v840805g.txt)

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Sinnvolles Leben

Vorbei der Tag.- So geht das Leben hin.
Dem Nächsten leben wir, entfernt vom Lebenssinn.

Vorbei der Tag,- nun fällt uns plötzlich ein:
Was könnte wohl der Sinn des Lebens sein?

Wir denken nach,- wir denken hin und her,-
auch unser Denken fließt ins große Meer
des je Gewußten, je Gedachten ein,-
dies könnte wohl der Sinn des Lebens sein.

E. H. 6.8.84
(v840806g.txt)

Schütze Arsch resümiert

Bei Plock an der Weichsel da fiel es mir schwer
durch glühenden Sand mit Gepäck und Gewehr.

Bei Plock an der Weichsel da fiel es mir leicht,
dem Adolf zu sagen: nun ist es erreicht.

nun langt mir der Krieg, nun langt mir die Schose!
Dann schoß ich durch's Bein mir und auch durch die Hose.

Der Feldarzt beim Taschenlampenschein
schrieb 'Durchschuß' und 'Riesenloch im Bein',

Dann ging es über Stock und Stein
nach Pillau ins Lazarettschiff rein.

In Swinemünde, im Lazarett,
hingen Eiszapfen bis übers Bett.

Doch erst im "Oskar-Helene-Heim"
hatten sie genügend Faden und Leim.

um das Bein in Ordnung zu bringen.
Das konnte ihnen nur halb gelingen.

Nach Winniza ging`s dann, ins Hauptquartier,
als Zahlstellen-Unteroffizier.

Doch Adolfs Kunst war bald zu Ende.
Es gab im Osten eine Wende.

Das war mir schon in Polen klar,
daß dieser Krieg ein Blödsinn war.

So geht es, wenn ein einziger Mann
Krieg oder Frieden machen kann.

E,Hartwig, Berlin 41, den 1.11.84.

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„Erkenne dich selbst!“

Vertieft in uns selbst
so leben wir hin.
Was ist unser Selbst?
Wonach steht uns der Sinn?

Für alles auf Erden
das selten und schön
hat Mutter Natur
ein Herz ausersehn.

Der Eine erfindet's,
der Andere machts.
Was Einer vergöttert,-
ein Andrer verlacht's

Doch alle haben
ein Sehnen in sich.
Dies Sehnen und Suchen
und Finden bin ich.

E. H. 24.11.84
(v841124g.txt)

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Was ist, geschieht...

"Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes ..."*)


Was ist, geschieht.......

Geschichte, Geschichtchen, erleben wir all,
Geschichte, Geschichtchen, das ist unser Fall.

All unser Denken, all unser Dichten
besteht aus Geschichte, besteht aus Geschichten

Wir halten fest, was irgend geschieht
in Sage und Märchen, in Dichtung und Lied.

Bewußtsein ist wie ein laufendes Band
von allem, was einmal geschah und entstand.

Wie alles was lebt, wollen wir eben
erfahren, ersehen, erhören, erleben.

E.Hartwig, Berlin 41, Dez,1984.


Das Viele ist das Eine

Wir leben und schaffen kurze Zeit,
Natur lebt so in Ewigkeit.

Wir sind im Leben ganz beengt,
Natur ist völlig unbeschränkt.

Für uns ist Dasein wie ein Traum,
Natur lebt über Zeit und Raum.

Natur ist alles, was besteht,
Natur ist alles, was vergeht,

*) Dies sind die ersten Worte der 'Odyssee'.

E.Hartwig, Berlin 41,
Dez,1984.

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Hier und dort

Ich möchte gern in einer Höhle wohnen
wie ich als Kind im Walde sie gebaut.
Die Wände waren Sand und in die tiefe Stille
der Höhle drang von außen kaum ein Laut,

Die eigentliche Wohnung war der Wald,
die Höhle war nur ein Refugium,
Da gab es Heidelbeeren, Sauerklee,
die Vögel waren Nachbarn rings herum.

Das war im Spandauer Johannesstift,
wo es Getreide gab und Wald und Feld,-
Als ich die Schülermütze trug von blauem Samt,
verließ ich ahnungslos die Kinderwelt.-

Nun muß die Wohnung mir als Höhle dienen,
aus Büchern sind die Wände, nicht aus Sand,
Und in den Büchern finde ich die Wälder
und alles, was sich regt in Meer und Land,-

Bald geht es nun aus diesen Wohnbezirken
in die Gefilde der Unnennbarkeit,
Dort sind dann alle Namen weggefallen.
Dort ist dann nichts mehr lang und nichts mehr breit.


E. Hartwig, Berlin 41,
Dez. 84


Apparat und Bewußtsein (II)

Viel möchte ich machen, viel möchte ich tun.
Und muß doch auch essen und muß doch auch ruhn.

Nur zeitlich und räumlich kann alles geschehn.
Nur eins nach dem andern kann alles entstehn.

Bewußtsein kommt ganz ohne Hemmnisse aus,
Die Hemmnisse machen Greifbares daraus.

Das Fühlen und Wollen und Wünschen ist leicht,
doch Schritt für Schritt wird ein Ziel nur erreicht.

Wir müssen was essen, wir müssen auch ruhn,
um etwas zu schaffen, um etwas zu tun.

E. Hartwig, Berlin 41, Dez. 84.

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Gottesstreiter, Prinzipienreiter

Fremdartig und groß steht die Kirche dort.
Für künstliches Fühlen ein künstlicher Ort.

Was sie dort suchen, kann man erreichen
ohn' alle Wunder, ohn' alle Zeichen.

Dort wird geredet, gebetet, gesungen.
Es hat alles laut und deutlich geklungen.

Das alles tut auch ein Wasserfall,
fällt mächtig herunter mit lautem Schall.

Nur in uns selber können wir finden
entstehen und aufhören aller 'Sünden'.

E,Hartwig, Berlin 41.
Dez. 1984


Panem et circensis

Öffentlichkeit, das ist ein altes Spiel,
es wird gespielt, solang es Menschen gibt.
Wer klug ist, hält sich raus aus dem Gewühl,
es ist nur Sand, der in die Augen stiebt.

Hat nichts gehabt, läßt nichts zurück,
war nur Statist in einem Stück,
War sehen, hören, riechen, fühlen,
war Spieler unter den Gespielen,

E. Hartwig, Berlin 41,
Dez.1984

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"Stückwerk ist das Menschenleben

Stückwerk ist das Menschenleben,
ein Stück hier, ein Stück daneben.

Ein Leben ist es immerhin,
und ein Bewußtsein steckt darin,

Du selbst und deinesgleichen bist
was letzter Grund von allem ist.

E. Hartwig, Berlin 41,
Dez.1984


Abgesang

Plötzlich Schluß des Theaters, es geht nichts mehr.
Der Kraftstoffbehälter ist völlig leer.

Es wundert dich nicht, es mußte so kommen,
du hattest es längst schon angenommen.

Bewußtsein, du liebstes Ding von allen,
dein Alles und Nichts hat mir gefallen.

Du bist stets da, ich bin stets weg,
du aller Dinge Daseinszweck.


E. Hartwig, Berlin 41,
Dez.1984

Ich bin nur zum Komponieren auf die Welt gekommen.
(Franz Schubert)

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... du kleines Licht vom großen Licht
„Ich bin nur zum Komponieren auf die Welt gekommen.“ Franz Schubert

Was bist du nur, du kleines Nichts?
Erzeugnis der Wärme, Erzeugnis des Lichts,
Erzeugnis der ganzen großen Natur,
von ihrem Willen ein Stückchen nur.

Manch einer will uns helfen,
Doch geht das leider nicht.
Wir sind zu leicht zum Helfen.
Wir haben kein Gewicht,

Sei dir bewußt, es gilt allein
das, was du wirklich bist, zu sein,
Was man dir sagt, das achte nicht,
du kleines Licht vom großen Licht.

E. Hartwig, Jan. 85


Jenseits von Gut und Böse

Gerade und stur ist die Natur,
von Gut und Böse keine Spur.

Erst in des Menschen Hirn und Brust
hat sie von Sittlichkeit gewußt.

Sie läßt die Menschen ruhig machen
ihr 'Recht' und 'Unrecht' ohne lachen.

Da haben wir denn den Salat,
Moral salbadern früh und spat.

Es wäre besser, Jedermann
wüßte was er will und kann.


E. Hartwig, Berlin 41, Jan. 85

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Sein und Nichtsein, innig vereint...

Überwältigend ist sie, bald roh und bald zart
und ganz und gar nicht nach Menschenart,
wie ist sie so nah uns und ferne !

Mit nie versiegender Schöpferkraft
sie tausend Wunder des Lebens schafft
auf der Erde, auf einem der Sterne.

Das Lebensgewimmel, als Ganzes gesehn,
es lebt nur vom Töten und ist doch so schön,
und ist doch das Schönste vom Schönen.

Wie alles sich gegenseitig verschlingt,
wie eines das andre durchlebt und durchdringt,
scheint alles zurück sich zu sehnen.

zur einen Natur, die alles enthält
was entsteht und vergeht im Werden der Welt,
wo alles in eines sich wandelt.-


E. Hartwig, Berlin 41, Jan.1985


Heilige Einfalt

Warum so blöd, warum so dumm,
Warum so ein Brimborium?
Warum dieses Theater
mit Mutter, Sohn und Vater?

Der Eine hat davon sein Geld,
der Andre predigt aller Welt,
der Dritte baut das hohe Haus,
der Vierte putzt es prächtig aus.

Und Bäuerin und Bauersmann
und die Gevattern kommen dann
zu Gottes Lob und Ruhme
zu diesem Heiligtume.

Und auch an Wundern fehlt es nicht.
Am Himmel sah man ein Gesicht.
Und wer an Krücken kam daher,
der braucht nun keine Krücken mehr.

Von Jesus hat man auch ein Tuch
das er einst auf dem Leibe trug.
Drin hat er sich verewigt dann,
was man heut' noch sehen kann.

Ein Fläschchen zeigt man wunderbar,
das blutet pünktlich jedes Jahr.
Wer immer neu es bluten läßt?-
Es ist ein großes Kirchenfest.

Es scheffelt mancher vieles Geld,
der sich an's Wunderbare hält.
In Lourdes hat man das erkannt,
drum reich ist dieses Wunderland.

Der große Haufe wogt umher,
hat keine Langeweile mehr.
Der Himmel wird belohnen
die vielen Prozessionen.

Warum so blöd, warum so dumm,
warum so ein Brimborium?-
Weil die Dummen aller Zeiten
entweder beten oder streiten.

E. Hartwig, Berlin 41, den 10.1.85
"0 heilige Einfalt" soll Joh. Huß ausgerufen haben, als
er sah, wie jemand ein Stück Holz zum Scheiterhaufen trug, auf
dem Huß von der 'heiligen' Inquisition der 'heiligen' Kirche
verbrannt wurde.-

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Der Geist, mit Hilfe der Gedanken,
      überwindet alle Schranken

In jedem Kopf ist eine Welt
bewußt gemacht und vorgestellt.
Und diese Welt kann jederzeit
ganz eng sein, oder auch ganz weit.

Was wär' die Welt, die große Welt,
die nicht im Geist sich vorgestellt?

Ihr Köpfe all', die ich gemeint,
ihr liegt als Knochen nun vereint.
Was ihr gewollt, was ihr gedacht,
hat euch noch keiner nachgemacht.

Sie rührt mich an, sie spricht mich an:
die Welt, die man sich denken kann.-

E. Hartwig, Berlin 41, den 17.1.85


Ergebnis aller Änderung:
Der Geist wird immer wieder jung.

In allen Dingen steckt auch Zeit
und sagt ihnen: so weit, so weit!

Die Dinge nehmen ihren Lauf,
die Zeit tritt stets in Rhythmen auf,

Der Zeitenfluß geht Schritt um Schritt,
wir kommen und wir gehen mit.

Ein jedes Ding hat seine Zeit,
Ist stets zu seinem Teil bereit.

So baut sich auf und so zerfällt
das Körperliche dieser Welt.

Doch liegt darüber und darin
ein unergründlich tiefer Sinn,

E. Hartwig, Berlin 41, den 17.1.85

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Alles was man haben kann
hängt an der Empfindung dran.

"Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen."
Gefühl, Empfindung ist's, wonach wir fragcn.

Was die Natur uns auch an Wundern weist,
ihr größtes Wunder ist Vernunft und Geist,

Von uns bleibt nichts, wir registrieren nur
das Wesen und das Wirken der Natur.

E. Hartwig, Febr. l985


DIOGENES

Soll ich nun den Menschen preisen,
daß er kann ins Gestern reisen,
daß er kann im Heute leben,
daß er kann ins Morgen streben?

Soll ich wie Schopenhauer klagen,
daß er muß zu Markte tragen
seine Haut und all sein Wesen;
daß er muß die Zeitung lesen,

wo gedruckt steht, schwarz auf weiß,
daß er sich nicht zu helfen weiß?
Daß er ist der Mörder schlimmster,
daß er ist der Dummen dümmster?

Soll ich zeihen ihn der Pest
größte, die sich denken läßt?-
Dieses alles sei mir ferne,
leb' Ich doch im Schönen gerne,
leb' ich gern doch unverhunzt
in dem Märchenreich der Kunst.

Ich höre Sphärenharmonie
in einer großen Symphonie,
von jenem Menschen ausgedacht,
der diese Welt zur Hölle macht,

In uns allen ist er eben,
mit diesem Menschen muß ich leben.
Ich weiß es wohl, er taugt nicht viel,
doch spielen wir nicht unser Spiel.

E. Hartwig, Berlin, 14.2.85.

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Halten wir es einfach aus!

Was wir sind, kann man nicht wissen.
Doch wir wissen, daß wir müssen,
daß wir müssen was wir wollen,
daß wir einfach leben sollen.

Sind wir einmal auf der Welt,
sind wir schon hineingestellt
in ein aufgeregtes Meer,
in ein ew'ges Hin und Her.

Leben ist wie eine Pflicht,
ändern können wir es nicht.
Machen wir das Beste draus,
halten wir es einfach aus.

E. Hartwig, Berlin 41, März 1985


Jeder verliert nur was er gewinnt

Nur so zu leben, ist auch schon was,
Das Leben als solches macht schon Spaß.

Fault auch der Kadaver von allen Seiten,
kann uns das Leben noch Freude bereiten,

Das Bewußtsein setzt sich darüber hinweg,
es hat seinen eigenen Daseinszweck.

Leben endet wie es beginnt,
jeder verliert nur was er gewinnt,

E. Hartwig, Berlin 41, März 1985

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"Homo mirabilis"

Unser Wesen sag ich dir:
mal sind dies, mal jenes wir.

Das Musterknabenideal,
ein Märchen ist es allemal.

Der wäre einsam und allein,
der wahr und wirklich würde sein.

Ein Mensch, das ist ein Unikum,
ein bischen klug, ein bischen dumm.

Der homo sapiens, homo pur,
ist Edler von und zu Natur.

E. Hartwig, Berlin 41, den 19.4.85.



Echte Liebe

Streichle dich selbst, du hast dich wirklich lieb,
wenn dich ein andrer streichelt, ist's ein Dieb.

Ein anderer erfaßt dein Wesen nie,
nur zu sich selbst ist echt die Sympathie.

Ein jeder möchte wohl den Andern lieben;
was man so liebt, ist eine böse Sieben,

E. Hartwig, Berlin 41, den 19.4.85.

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Fressen und gefressen werden

Das ist nun mal des Lebens Lauf:
ein Wesen frißt das andre auf.

Würd' einer nicht den andern fressen,
zu leben würde er vergessen.

Nur unter Menschen gilt als Pflicht:
man schlägt sich tot, doch frißt sich nicht.

Doch man frißt gern die andern Tiere
und trinkt dazu gepflegte Biere.

E. Hartwig, Berlin 41, den 19.4.85.



Naturgeschehen (2)

Weiß ein Bewusstsein dass etwas geschah, ist das Ich, das Bemerkende da. Natur als Skala, dass etwas geschieht, - das Ich empfindets in seinem Gemüt. So hat die Natur aus eigenem Wesen sich selbst ein Bewusstsein von allem erlesen. Ich sehe, ich höre, ich rieche, ich bin, - Das „Ich“ ist für alles Geschehen ein Sinn.

E. H., 12.5.85
(v850512g.txt)



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Im Innern ist ein Universum auch...

Einsam sein, das ist die Welt für sich
Korallentierchen wäre fürchterlich.
Sie müssen angewachsen leben,
sie können nur nach Nahrung streben.

Wir aber sind auf Eigenheit gestellt,
wir sind und haben eine eig'ne Welt.
Ich möchte nicht zum Tier im Stock zurück,
wir können einsam sein zu unserm Glück.

Zwar sind auch wir von innen hohl,
doch unser Geist, der fühlt sich wohl.
Wir gehen auf, wir gehen unter,
Bewußtsein macht das Dasein munter.

E. Hartwig, Berlin 41, Mai 1985
(v850532g.txt)



Natur

Es rettet uns kein höh'res Wesen,
kein Gott, kein Kaiser, kein Tribun.
Im Urtext der Natur zu lesen,
das müssen wir schon selber tun.

Sein und Nichtsein, eng verbunden
leben, jenseits aller Stunden.
Mit Bewusstsein, fern und nah,
ist Natur, so hier wie da.

E. Hartwig, Berlin 41, Mai 1985
(850533)

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Zum Verständnis der Natur

Die Erde ist zu umfangreich,
die Erde ist zu groß.
Zu kennen, zu verstehen sie,
wie mache ich es bloß?

Ich will, soviel ich immer kann,
an Einzelheiten sehen,
um aus dem Einzelnen sodann
das Ganze zu verstehen.

Die Erde brachte Menschen und
der Mensch sein Werk hervor.
Nun hebt Natur- und Menschenwerk
sich überall empor.


Im Schöpfertum der Allnatur
wir Menschen uns verlieren.
Wir, die wir ihr Bewußtsein sind
vor Pflanzen und vor Tieren.

E. Hartwig, Lautenthal, 15.6.85

In allem, Natur, bist du pur

Ja, alles bist du nur allein,
darum kann es nicht anders sein,
daß auch die kleinste Einzelheit
nur dich, nur deinen Namen schreit,

E. Hartwig, Juli 1985


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Das ABC der Natur

Um mich schwirren alle die Wesen,
alle die winzigen Flieger der Luft.
Um mich herbstliche Stiele der Sonne
und der Pflanzen erfrischender Duft.

Enden auch all diese Wesen so plötzlich
wie sie entstehen von heute auf morgen,
schöpfet das Leben doch stets aus dem vollen,
brauchet nicht Hoffen, nicht Fürchten, nicht Sorgen.

Einzig der Mensch, der macht sich Gedanken,
setzt in sein Leben großes Erwarten,
kann nicht begreifen das ewige Werden,
buchstabiert die „Entstehung der Arten“.

Alles Leben ist ja doch eines,
Wie alle Welt ein Ganzes doch ist.
Deines besonderen Bewußtseines wegen,
bist du so organisiert, wie du bist.

Das will die Natur: empfinden und fühlen,
sollen die lebenden Wesen Ihr Sein.
Und auch der Mensch soll schaffen und schauen,
aus der Natur und in sie hinein.

Mag auch wohl alles kommen und gehen,
mag sich auch alles ändern im Nu,
jetzt, das ist immer und so macht das Leben
immer die Augen auf oder zu.

E. Hartwig, Leipferdingen, August 1985

Kirchengeschichte

Den Himmel, den haben wir selber gemacht.
Den Gott, den haben wir ausgedacht.

Damit er nicht alleine sei.
gaben wir einen Sohn ihm bei.

Marie hat ihn aufgenommen,
Da ist der Sohn zur Welt gekommen.

Wir machten dann ein gross Geschrei,
dass dieser unser Christus sei.

Wir würden martern ihn und schinden.
ihn an ein hölzern Kreuz anbinden.

Da haucht er dann sein Leben aus,
wir machen einen Mythos draus.

Wir lassen Wunder ihn vollbringen,
vom Erdball ihn zum Himmel dringen.

Da sitzt er nun als Gottessohn,
für uns zum Glück, für uns zum Lohn.

Nun endlich können wir uns Christen
als Gottes liebe Kinder brüsten.

Nun siegen wir in jedem Streite,
der Himmel ist auf unsrer Seite.

Zwar: andre haben andre Götter,
drum gibt es Zweifler auch, und Spötter.

Wer ist denn nun der wahre Gott?
Allah sagt Hü, Jehova Hott.

Wir müssen eben kräftig streiten
und unserm Gott den Weg bereiten.

Denn das steht fest auf dem Papier:
den wahren Gott den haben wir.

E. Hartwig 1.1.86
(v860101g.txt)

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ALLES GEHT MICH AN

Ich bin von ihr besessen,
ich geb es gerne zu.
Der Sammelwut zu fröhnen
geb' ich keine Ruh.

Die Zukunft ist verborgen,
Vergangenheit ist da.
Was einmal war vor Zeiten,
mir ist es wieder nah.

Ich will und kann erleben
im Jetzt und Hier und Heut'
was einmal ist geschehen
in einer and'ren Zeit.

Kommt her, ihr alten Zeiten!
Bleib', neue Zeit, bei mir!
Um alles zu erleben,
dazu bin ich ja hier.

E. Hartwig, Berlin 41, den 24.1.86


IN ALLEM DAS EINE

Das Universum will leben
und leben will es durch dich.
D'rum lebe als Universum,
lebe nicht nur als ich.

Das Universum will sprechen
und sprechen will es durch dich.
Es redet immer von neuem
in jedem lebendigen Ich.

Wir wollen alles Leben
dem ewigen Leben weih'n.
Das Universum ist Leben,
ist immerwerdendes Sein.

E. Hartwig, Berlin 41, den 24.1.86

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EWIGE WIEDERKUNFT

Lange dachte ich nach
über das Allundeine.
Der Professor ist eine Person,
Gott ist keine.

Alles kommt immer wieder,
wie immer geworden es ist.
Alles ist mit dir verbunden,
wie du mit allem es bist.

E. Hartwig, Berlin 41, den 24.1.86


Die Natur ist das Leben - das Leben ist die Natur

Bewußtsein, allergrößter Schatz,
mein Universum - Logenplatz.
Hier auf die Erde delegiert,
hab ich das Herrlichste verspürt.

Wie sich das Leben formt und prägt,
sich kunstvoll Regeln unterlegt,
und sich entwickelt überreich
in Tod und Leben wundergleich.

Des Lebens Kunst, des Lebens Kraft
uns Wunder über Wunder schafft.
Es öffnet sich vor unsern Blicken
das Schreckliche und das Entzückzen.

Zuletzt des Universums List,
daß alles dies ein Ganzes ist,
das in sich selber innig weilt,
ob auch in Zeit und Raum geteilt.

E. Hartwig, Berlin 41, Febr. 1986

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Lebenskreise

Woher wir einst kamen, da gehen wir hin.
Zurück zur Natur, so steht uns der Sinn.

Wie Goethe es sagte, sie hat uns gestartet,
sie hat unsern Lauf besorgt und gewartet.

Das Leben kann immer nur Stufe sein,
erlebt, empfunden fast wie ein Schein.

E. Hartwig, Berlin 41, Febr. 1986


Allein in der Unendlichkeit
das ist des Menschen Lebenszeit.

Das Dasein in sich selbst bezwingen,
im Kampfe stehn mit allen Dingen.
Und endlich auf verlor'nem Posten
des Lebens Bitternisse kosten.

Bewußtsein, rätselvolle Mitte,
wacht über jeden unsrer Schritte.
Es warnt und lacht und wundert sich.
Bewußtsein, weiter nichts, bin ich.

Einst flogs mit zu, einst fliegt es fort,
wo Leben ist, da ist sein Ort.
Bewußtsein ist im Leben drin.
Es ist des Lebens ganzer Sinn.

E. Hartwig, Berlin 41, Febr. 1986

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Natur und Geist

Der Erdenball, so groß er ist,
ist doch für uns zu klein.
Das Universum, grenzenlos,
kann uns're Welt nur sein.

Des Menschen Geist ist fein genug
für kleinste Dimensionen,
und ist dabei doch weit genug
für Welten und Äonen.

Den Menschengeist hat die Natur '
zum Helfer sich erkoren.
So wurde eine neue Welt,
die Geisteswelt geboren.

E. Hartwig, Leipferdingen, 13.6.86


Glaubensfrage

Da bilden sie sich sonst was ein,
daß sie 'ne "Seele" haben.
Die Seele wird im Himmel sein,
der Körper wird begraben.

Die Welt ist oft ein Jammertal,
das hat der Mensch erfahren.
Drum läßt er sich vom lieben Gott
was Schönes offenbaren.

Sein lieber Gott, die Phantasie,
die kann ihm viel erzählen
vom himmlischen Jerusalem,
dem Paradies der Seelen.

E. Hartwig, 14.06.86
(v860614g.txt)

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Menschenwerk

Überall wo die Ruinen stehn
kannst du altes Bewußtsein sehn.
Bewußtsein, das sich mit aller Kraft
Dauer im Wechsel der Zeiten verschafft.

Nester bauen die Vögel hinein,
Eidechsen huschen über den Stein,
Bewußtsein lebt und pflanzt sich fort
von Zeit zu Zeit, von Ort zu Ort.

E. Hartwig, Leipferdingen, 28.7.86

Gehirntiere, die Mensch spielen

Es ist ihm alles unbekannt.
Sich selber hat er 'Mensch' genannt.
So treibt er immerfort sein Spiel,
so wie er von Natur es will.

Was ist es denn was da geschieht?
Es ist und bleibt das alte Lied,
grad seine Schau zieht jeder ab
von der Geburt bis in das Grab.

E. Hartwig, Leipferdingen, Aug. 86


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Wiederkehr im Traum

Bewußtsein, längst vergangen,
kommt, neu belebt, zurück.
Mit Freude oder Bangen
empfängt es unser Blick.

Was ich in Jugendjahren
erlitten und erlebt,
ich kann es neu erfahren
im Traum der mich umschwebt.

In Nervenfasern leben
die alten Zeiten fort.
Im Traume mich umschweben
wie damals Zeit und Ort.

E. Hartwig, Leipferdingen, Aug. 86

Ein Einziger und sein Eigentum

Die ganze Welt, ich wollt sie haben,
doch war sie mir zu groß.
Da habe ich sie klein gemacht,
nun liegt sie mir im Schoß.

Nun liegt sie rings um mich herum
in Worten und in Bildern,
wie sie die Zeugen ihrer Zeit
mir tausendfältig schildern.

Die ganze Welt und die Natur,
ich habe sie im Kleinen.
Zum Lachen ist's wie reich ich bin,
doch ist es auch zum Weinen.

E. Hartwig, Leipferdingen, 1986/8


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Vergessen - Behalten

Vergessen, vergessen, wohltätige Macht
hast mich über manches hinweg gebracht.
Behalten, behalten, du Zauberstab,
gabst mir alle Schätze, die ich hab'.

E. Hartwig 86/9

Unsere Zeit - Relatives und alle Zeit - Absolutes

Wir können denken, sprechen, fühlen.
Wir können in Bewußtsein wühlen.
Doch sind wir damit um kein Haar
anders als der Tiere Schar.

Zwar sind wir wirklich sehr gescheit
und unser Blick reicht weltenweit,
doch biologisch bleiben wir
trotz aller Klugheit nur ein Tier.

Was heißt da 'nur'? Sind sie nicht schön
die Tiere meistens anzusehn?
Und haben sie nicht viele Gaben,
die wir erst durch viel Technik haben?

Des Lebens allzuenger Raum
erlaubt uns zwar des Geistes Traum,
doch wie von jeder Kreatur
bleibt auch von uns nicht eine Spur.

Um dieses alles zu verstehn,
muß man es im Ganzen sehn.
Vor uns und nach uns Ewigkeit,
dazwischen unsre Lebenszeit.

E. Hartwig, Leipferdingen, Sept. 1986


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Einmal für immer

Von anderm Leben angesteckt
brennt unser Leben ab,
unwissend, wie von Anbeginn,
so sinken wir ins Grab.

Zu leben, das ist unser Zweck,
zu brennen lichterloh.
solange wir nicht ausgebrannt,
sind wir des Lebens froh.

So sei es drum, wir gelten nichts,
als was wir selbst uns sind.
Wir, eine Stimme der Natur,
wir, aller Dinge Kind.

E. Hartwig, Leipferdingen, 29.9.86

Spaziergang

Wilde Pflaumenbäume,
versteckt am Wegesrand,
gaben ihre Früchte
mir grade in die Hand

Mit Wespen, Bienen, Vögeln
hab' ich davon genascht.
Habe vom grünen Gehege
mir süße Früchte erhascht.

E. Hartwig, Leipferdingen, Okt. 1986


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Zugleich

Was einerseits uns wird geschenkt,
wird andrerseits uns weggenommen.
Halb Zufall ist's und halb Geschick
das Gehen und das Kommen.

E. Hartwig Okt. 1986

Helden

Wir sind aus weichem Fleische,
wir schwinden schnell dahin.
Und doch, solang wir leben,
füll'n Welten uns den Sinn.

Wir sind aus weichem Fleische,
das Herz schlägt hart und schnell
doch wir tun Göttergleiches
sofort und auf der Stell'.

Von einem Schlag zum andern
da ist es schon getan.
Fern kündet noch die Sage
die Tat, den Ort, den Mann.

E. Hartwig, Leipferdingen, 15.10.86


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Man wird das was man ist

Lachen solange wir's können
und weinen solange es geht.
Das Lachen ist wie das Weinen
morgen vom Winde verweht.

Ideen so herrlich, so lustig,
vergolden lassen sie sich.
Sie werden morgen verscherbelt,
dann aber schon ohne mich.

Wir drücken uns beide die Hände,
mein Herz und deines sind eins.
Dann aber verlöscht unser Leben,
heut meines und morgen auch deins.

E. Hartwig, Berlin 41, Jan. 1987

IM GROSSEN BUCH DES BEWUSSTSEINS

Im grossen Buch des Bewusstseins
der ewig einen Natur
einschreibt, einmalt sich ein Jeder
in Antiqua oder Fraktur.

Und kann auch keiner je wissen
was alles geschrieben da steht,-
im inneren Wesen der Dinge
da bleibt es, wohin es auch weht.

E. Hartwig


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BEWUSSTSEIN AUF DIE HAND GESTÜTZT

Bewusstsein auf die Hand gestützt
nimmt so die Dinge wahr,-
Wie groß, wie klein die Dinge sind,
das ist doch sonderbar.

Ich selber bin davon ein Stück
und mein Bewusstsein auch;
und wie das alles wird und wächst,
das fühle ich im Bauch.

Als Mensch im Kopf nimmt man es wahr
was da so lebt und webt,
was kriecht und fliegt und springt und schwimmt,
was in den Fluten schwebt.

Wer sonst noch kann das alles sehn,
erstaunt, entrückt, entzückt?
Wer sonst noch hat des Lebens Gang
so voll und ganz erblickt?

E. Hartwig, Berlin 41, Jan. 1987

Das Innenleben ist unmeßbar groß

Das Innenleben ist unmeßbar groß,
das Außenleben ist Begrenzung bloß

Kann das Bewußtsein auch viel Außen fassen,
soll es sich doch von ihm nicht fassen lassen.
Denn nur im Innern findet jenes Wissen statt,
das seinen Grund im Grund der Welten hat.

E. Hartwig, Apr. 1987
(v870401g.txt)

Goethe: Gerade das, was ungebildeten Menschen am Kunstwerk als Natur auffällt, das ist nicht Natur (d.h. von außen), sondern das ist der Mensch (d.h. Natur von innen). (In Einzelnes über Kunst; "Maximen und Reflesionen").

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Alles geht mich an

Wir denken, denken, denken,
immer am selben Ort.
nur mit unsern Gedanken
reisen wir weit, weit fort.

Vom ultrakleinsten Abstand
zum weitesten, den es gibt
verreisen wir in Gedanken,
in Nichts und in Alles verliebt.

Wir sind von Allem ein Wenig,
von Allem ein Wenig ist viel.
Wir repräsentieren Bewußtsein
in einem weltweiten Spiel.

E. Hartwig, Leipferdingen, den 21.6.1987


Auf Reisen

Wir sind hier und ihr seid dort.
Ihr seid da und wir sind fort.
Wer ist fern und wer ist nah?
Überall ist hier und da.

Nachdem die Räder kreischten und sangen,
sind wir hier an Land gegangen,
und hoffen nun, mit gutem Wind
dahin zu kommen wo wir schon sind.

Denn es ist wichtig im menschlichen Leben,
dort wo man ist, sich hinzubegeben.
Wohin man geht, steht oder fällt,
ist man und bleibt man inmitten der Welt.

E. Hartwig, Leipferdingen, Juli 1987
(v870701g.txt)

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Alter Mist heute neu

Wer kann ersagen, wer kann erfragen
was alles geschieht in unseren Tagen.

Die Medien liegen uns in den Ohren.
Inzwischen wird mancher Stern geboren.

Es geschieht im Nahen und im Weiten
was stets geschieht seit ewigen Zeiten.

Was du auch siehst und was es auch sei,
es ist von Gestern, es ist heute neu.

Wir laufen herum im neuesten Matsch
und glauben den vorsintflutlichesten Quatsch.

E. Hartwig, Leipferdingen, Juli 1987
(v870702g.txt)

Auf eigenen Füßen

Mit dem "man muß", "man soll", "man glaubt"
man dir Verstand und Willen raubt.

Althergebracht verbriefte Rechte
verkörpern nur das ewig Schlechte.

Laß doch in deinen eignen Zelten
nicht alten Schutt und Moder gelten.

Von Lug und Trug bist du genesen,
beschränkst du dich auf dein eigenes Wesen.

E. Hartwig, Leipferdingen, Juli 1987
(v870703g.txt)

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Rettung

Im freien Falle kommt man oft
im Traum zur Erde nieder,
Ist man erwacht, fühlt man erstaunt
sich heil und heil die Glieder.

Doch wer an einem Bein noch hängt
hoch über tiefem Grunde,
und kommant mit Schrecken noch davon,
vergißt nicht diese Stunde.

Wenn man dann noch gerettet wird,
steht wieder auf den Beinen,
dann wird einem der freie Fall
in anderm Licht erscheinen.


(Vor-Fall in St. Moritz am 5.9.87)
E. Hartwig, September 87

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Unschuld des Werdens

Was nützt dir das alles, daß du es weißt?
Du kannst es nicht essen, nicht trinken.
Bald bist du gestorben, es wird mit dir
in ewigem Schlummer versinken.

Solange du lebst, da bist du bedroht,
da bist du beglückt und erhoben.
Doch, was du auch fühlst, es nützt dir nichts,
wenn du stirbst, ist alles zerstoben.

Vor langer Zeit kam ich leer in die Welt
und füllte mich an mit Erleben.
So wie man gekommen, so geht man hinaus,
muß alles zurück wieder geben.

Was war man damals, bevor man kam?
Was ist man, wenn man gegangen?
Man war Natur, man ist Natur,
muß weder hoffen noch bangen.-

E. Hartwig, 15.12.1987


Augenblicke

Im Unendlichen blättern, im Buch der Natur,
wir suchen und lesen und schauen da nur.

Wir, die wir leben wie alles was lebt,
was, gleich den Planeten, im Weltenall schwebt.

Belebt ist eines, das andere nicht,
voller Empfindung ist jedes Gesicht.

So leb' ich, so sterb' ich im kleinsten Bereich;
im ewigen Werden, da ist alles gleich.-

E. Hartwig, den 25.12.87


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Geistig frei

Wo sind die schönen Bücher hin?
Wo ist das schöne Wort?
Sie füllen mir der Jugend Sinn
und wirken immer fort.

Da war der Heinrich Eggersglüß,
war freie Welt der Tat.
Sie zeigten mir das Hindernis:
die Kirchen und den Staat.

Sie zeigten auf, wie man allein
im Geist bestehen kann,
um jenes Herrlichste zu sein:
ein geistig freier Mann.

E. Hartwig, etwa 1988

Unser Bewußtsein,- wie klein und wie groß

Wie schnell ändern sich alle Dinge
Aber unser Bewußtsein will sie festhalten
Es ordnet, sichtet und sammelt
soviel es nur kann.

Wozu sammelt es nur ?
Vergeht es doch selber-so schnell !
Doch wissen, erleben und wissen,
immer nur wissen will das Bewußtsein in mir.

Als wenn der Weltgeist es wäre,
zeitlos im ständigen Jetzt,
so will mein Bewußtsein wissen
alles was ist.-

E. Hartwig , d. 2.2.1988


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Gestaltung - Umgestaltung...

Zeit, Ding und Kraftpunkte setzen alles zusammen was ist
Der Leuchtfleck Bewußtsein nimmt alles wahr.
Lange genug nimmt er es wahr
um zu begreifen, was ist.

Welt - Natur - das Kaleidoskop,
ständig verändert es sich.
Als würde es dauernd geschüttelt,
bildet es aus zahllosen Einzelheiten
in jedem Augenblick neue Dinge.-

E. Hartwig, den 2.2.1988

Was ist das wird

Alles ist herrlich, Körper und Geist;
alles ist herrlich, was du da weißt.

Geht auch alles wieder entzwei,
wird doch alles wieder ganz neu.

ann ich da jammern, kann ich da klagen? -
Muß ich zum Neuen 'herrlich' doch sagen.

Das Sein ist ein Werden, und beides perfekt.
Aus Altem, das schwindet, wird Neues erweckt.

So ist denn alles, es sei, wie es sei
mal alt und vergangen, mal herrlich und neu.-

E. Hartwig, den 2.3.88


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Himmel

In den Himmel kommen, das heißt fürwahr
durchsichtig werden mit Haut und Haar.
Das heißt erlangen das leichteste Kleid
wie Sonne, so leuchtend, wie Weltall so weit.

E. Hartwig 2.3.88

Jetzt und hier

Alles das ist heute da
was zu jeder Zeit geschah.
Endlos ist das Band der Zeit,
dies ist ja die Ewigkeit.

Alles Leben und Geschehn

ist ein Kommen und ein Gehn.
Jetzt und Hier, das ist der Fall
immer, ewig, überall.-
E. Hartwig, den 29.3.1988

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