Dichtungen von Emil Hartwig aus den Jahren 1970 - 1979
(Stand 29.04.18 -30-)

Alles oder Nichts s.a."Ich" /   Allüberall ist unser Element  /   Apparat und Bewußtsein  /   Bewußtsein  /   Bewusstsein das mir eigen ist  /   Bewußtsein für Alles  /   Das alte Wahre  /   Das Mögliche ist das in dem ich lebe  /   Der  I c h w a h n  als Katalysator der Bewußtseinswelt  /   Der Weg nach Innen  /   Die Wundertäter  /   Ein Bewußtsein für soviel Welt  /   Ein gefährliches Leben  /   Ein Liebhaber  /   Feste des Daseins  /   Freut euch der Sonne  /   Gefühl ist alles, Schall und Rauch.  /   Ich s.a."Alles oder Nichts" /   Im Innern ist ein Universum auch  /   Liepferdinge  /   Mein Gusto  /   Sein - Werden  /   So sieht's aus  /   So tun als ob wir alle existieren  /   Goethe: "so wunderbar ist das Leben gemischt ..."  /   Sozialistensong  /   Was uns verbindet allemal  /   Wichtiger als die Ausführung von Plänen ist das Pläneschmieden  /   Wunder  /   Zu Haus in jeder Zeit, in aller Welt  /  

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Sozialistensong

Karl Marx, Lenin und Dschingiskan
das sind so unsre Ahnen
Produkte produzieren wir
und haben rote Fahnen.

Karl Marx, wenn er nur spuckte,
dann waren es Produkte.

Denn der Mensch, der ist nicht klug,
er merkt nicht den Betrug.
Und wenn er's merkt, dann ist er doch
betrogen schon genug.

Der Mensch ist das Produkt seiner Umgebung
Seine Umgebung sind wir
(leise: Wir werden dieses individualistische Aas schon herumkriegen)
Wir werden ein Produkt daraus machen.
Wir wollen ja das allgemeine Wohl.
Sozialisierung der Produktionsmittel.
Das große Glück der meisten.
Und jeder ist dann Sozialist
und kann sich alles leisten.
Denn alle sollen mit hinein
Ins allgemeine Unwohlsein.

(Auf dem Umschlag des am 10.8.03 entsorgten Buches von (Schleich - Gedanken)

(v700000g.txt)

Im Innern ist ein Universum auch

Was ich geleistet habe ?
Wer seid ihr denn, daß ihr danach
zu fragen euch getraut ?

Ich bin ein Tier das denken kann
und ihr, ihr seid das auch...
Und was ihr so von Leistung sprecht,
es ist ein schöner Brauch.

Doch etwas mehr als Leistung scheint
die Planung mir zu sein....
So plane ich an einem Tag
oft mehr als ich in vielen Jahren
durchführen könnte.

Pläne, voll ausgereifte Pläne,
die aber nur in Ansätzen
wenn nicht gar nur projektiert,
da zu sein vermögen....
diese vielen Pläne machen mir mehr Vergnügen,
als die eine oder die andere
kümmerliche Wirklichkeit,
die ich mit eigenen Händen
allenfalls tun könnte.

So arbeitet ihr nur weiter
und füllt mit eigener Hand das
Wasser des Meeres in rostige Kannen.

Ich aber will weiter mit
meinen luftigen, aber
wirklichkeitsschwangeren Plänen
leichtfüßig dahineilen
von Tag zu Tag und von Ort zu Ort.

Meine Pläne haben die Unendlichkeit
schon einigemal überholt,
indessen ihr euer Projekt
hin und her gewälzt habt.

Emil Hartwig, 1.2.70
(v700201g.txt)

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Feste des Daseins

Das Spektrum der Farben, der Töne, der Rhythmen ...
Das Labsal der Dinge, die alles verdrängen,
was das Gefühl, das Bewußtsein uns trübt ...

Der Strom der Gedanken, soweit er uns trägt,
umkreisend die Sinne, trägt er uns davon ...

Der Strom der Gedanken, er bringt uns dahin
wo je einer war, was nie einer sah. ...

Die Namen, die Bilder, die Menschen, die Tiere,
die Sterne, die Düfte, die Träume, das Glück.
Sie alle und alles verbindet Bewußtsein,
das Fest uns'res Daseins bringt alles zurück.

Alles entschwindet, vergeht und vermodert,
die Bäume, die Blüten und alle die Menschen ...

Und alles entsteht in Jugend und Schönheit;
die Tiere, die Pflanzen, das Dunkel, das Licht.-
Was sollen da Schmerzen, das Klagen, das Jammern,
der Gram, die Verzweiflung um alles Vergehn?

Die Feste des Daseins gehn nie zu Ende,
was soll uns das Haschen nach einzelnen Dingen?

So wie wir da sind, so sind wir die Welle
im lachenden Leben, im klingenden Spiel.
Und nichts soll uns trüben die klare Empfindung,
das frohe Erleben, das tiefe Gefühl.

*) nach Epikur.
E. Hartwig, Berlin, 5.4.1970
(v700405g.txt)

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Sein - Werden

Die Elemente wandeln
Sich wieder einmal um.
Es rinnt das Regenwasser.
Die Erde, sie bleibt stumm.

Der Wind durchflügt die Lüfte,
der Regen fällt herab.
So ist in allen Dingen
Ein ewiges Auf und Ab.

Und auch der Mensch kann singen
Und sagen was er will.
Das Leben geht vorüber,
doch deshalb steht nichts still.

Emil Hartwig, 31.10.70
(v701030g.txt)

Bewußtsein

Ihr könnt nicht alles haben,
die Zeit, sie ist zu knapp.
Ihr gebt euch viele Mühe,
da liegt ihr schon im Grab.

Viel mehr als unsre Hände
Hält das Bewußtsein fest.
So kann man das noch haben,
was man sich nehmen läßt.

Das Denken ist des Menschen
Gewaltig große Macht,
die ihn auch ohne Haben
zum Herrn der Dinge macht.

Emil Hartwig, 31.10.70
(v701031g.txt)

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Bewußtsein für Alles

Mein Bewußtsein ist das Gefühl des Ganzen von sich selbst.
In mir empfindet das Ganze ganz sich selbst.
Ich bin nichts weiter, als das Bewußtsein des Ganzen von sich selbst.
Das Bewußtsein des Weltalls seiner selbst bin ich.

Was für ein Irrtum, mich als menschliches Wesen zu betrachten!
Nach Anderen mich zu richten, wie falsch!
Der ich nur mit dem Weltall selbst zu schaffen habe,
Ich kann allein derjenige sein, der ich bin.

Ganz sicher verlacht man den, der einzig er selbst ist
und Bewusstseinsträger der einen, der ganzen Natur.
Der nur empfindet des Universums Geschehen,
muß ja versagen in allem nur menschlichen Tand.

Emil Hartwig, 73/11
(v731131g.txt)

Gefühl ist alles,
Schall und Rauch.

In einem Märchen lebe ich. Kann es denn sein,
daß all dies wirklich ist? -- Der ferne Klang ...
Walküre ... Götterdämmerung ... und dann
ein Knopfdruck, der ins tiefste Weltmeer mich versenkt.

Wie ein Delphin bin ich im Meer geborgen,
wie einen Vogel trägt mich frei die Luft.
Der Berg, der Fluß, die Wüste, ihnen allen
bin ich vertraut, bin eins mit aller Welt.

Erlebnis, vom Bewußtsein aus gestaltet,
es ist die Reise, die kein Ende hat.
Sie dringt in alles vor und dieses Alles,
das ist so viel, so schrecklich und so schön.

Und dies Bewußtsein ist nur ein Vibrieren
von feinsten Stoffen, Nerven und Organen,
die sich in alle Winde frei verteilen,
wenn die Person verschwand, die dieses Märchen war.

E. Hartwig, 30.1.74
(v740130g.txt)

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Allüberall ist unser Element

Ein Labyrinth verlockt. Warum? - Es hat ein Ende.-
Das Labyrinth der Welt allein ist allzugroß,
als daß ein Mensch es ganz ermessen könnte.
Doch dieses Labyrinth der Welt verlockt uns alle
in seinen Gängen unser Leben zu verträumen.

Was ist das Leben denn als ein Spazierengehen
in einem grenzenlosen Labyrinth
voll Glück, voll Unglück, voll von Sieg und Not.
Und die Moral, von Winkeladvokaten uns gepredigt,
ist nur ein andrer Gang im Labyrinth der Welt.

Das ist die Freiheit, die die Erde bietet!
Das ist der Mensch, der glücklich sie ergreift!
Das ist der Dummheit Nacht, die wir verlassen!
Das ist das Glück: das Labyrinth der Welt!

Emil Hartwig, 30.1.74
(v740131g.txt)

Was uns verbindet allemal

Was uns verbindet allemal
das ist das gleiche Jammertal.
Doch uns verbindet beide
wohl auch dieselbe Freude.

Die Freude dass man wählen kann
die eine Frau, den einen Mann
und kann daneben haben
viel Mädchen noch und Knaben.

Und sind sie tot, das macht uns nichts.
Wir nehmen heiteren Gesichts
ihr geistiges Vermächtnis
zum dauernden Gedächtnis.

E. Hartwig, 7.9.74
(v740907g.txt)

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Zu Haus in jeder Zeit, in aller Welt

Von Meer, Gebirg und Wüsten des Bewußtseins
bin ich in vielen Büchern rings umgeben.

Was je man fühlte oder fühlen wird,
das hat schon früher vielfach sich ereignet.
In andrer Form, mit andren Worten gab es
schon vormals alles was es heute gibt.

Doch immer neu "zum ersten Male" gab es,
was es auch jetzt "zum ersten Male" gibt.
Denn die Natur versteht vollkommen
ihr Thema immer neu zu variieren.

Und ich genieße es, aus den Relikten
das Rätsel des Bewußtseins zu enthüllen,
wie man Fossilien aus den Steinen schlägt.

E. H., Dez.1974
(v741201g.txt)

Alles oder Nichts

Nicht wie es geht der Fliege an der Wand:
wie's einem Menschen geht, das ist interessant.

Uns kann die Masse Mensch nur wenig geben,
der Einzelne, der intressiert uns eben.

Es kommt uns immer wieder darauf an,
was hat der Schulze, Lehmann, Schmidt getan

So hat Natur das Leben angelegt,
daß alles Einzelne sich selbst bewegt.

Daß jedes Einzelne vermeint zu spüren,
es würde sich, sein Leben, selber führen.

So ist der Schwung des Lebens immer da,
weil jeder ist dem Leben direkt nah.

So nah muß jeder an sich selber kleben,
daß er nicht merkt des großen Schwindel eben

Wie die Natur uns erst mit einem 'Ich' versieht,
Das sie beim Tod uns über die Ohren zieht.

Und während wir leben und leben müssen,
sind wir ihr Denken, sind wir ihr Wissen

E. H., Dez 1974
(v741202g.txt)

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Das Mögliche ist das in dem ich lebe

Das Mögliche ist das in dem ich lebe.
Unmöglichkeit ist das was ich erstrebe.
Das Übliche, das ist ein Scheibenkleister.
In der Beschränkung zeigt sich n i c h t der Meister.


(nach 2000 aus dem Gedächtnis niedergeschrieben)
Nach dem Unmöglichen geht unser Streben.
Das Mögliche hält uns am Leben.
Das Übliche, das ist ein Scheibenkleister.
In der Beschränkung zeigt sich n i c h t der Meister.
E. H., Dez 74
(v741203g.txt)

Ein Bewußtsein für soviel Welt

In meiner nächsten Nähe ist
die Welt zu jeder Zeit.
Von mir zu jedem Punkt der Welt
sind nur zwei Spannen breit.

Mal bin ich hier , mal bin ich da,
auch geistig, Ort für Ort.
Doch hab ich eins ums andre nur,
nicht alles immerfort.

"0 Welt, 0 Welt, 0 laß mich sein!",
das will ich niemals sagen.
Ich will die Welt so wie sie ist,
mit Wundern, Leiden, Plagen.

Doch leider bin ich, Glied um Glied
mit Stricken fest gebunden.
Die Kunst, mehr als ich selbst zu sein,
habe ich nicht gefunden.

Ach, alles haben in der Hand
und nichts behalten können !
Die Dinge kennen ist so schwer,
so leicht, sie zu benennen.

E. H., Dez.1974.
(v741204g.txt)

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Der  I c h w a h n  als Katalysator der Bewußtseinswelt.

Vom 'ich' gehts aus zum 'Ich' gehts hin.
Es ist auch immer mitten drin.

So glauben wir, daß es uns gibt
und sind in mich und dich verliebt.

Und doch verschwindet 'Ich' und 'Du'
im Lauf der Zeit, das heißt im Nu.

An seinem Ichwahn aufgehängt
ist alles, was ins Dasein drängt.

Denn wäre des Bewußtseins Welt, -
wär sie nicht auf das 'Ich' gestellt

Was alles im Bewußtsein schwebt
was fühlt, was liebt, was geistig lebt,

Was um die Welt wie Feuer stiebt,
fußt auf dem Ich, das es nicht gibt.

E.Hartwig, Dez.1974.
(v741205g.txt)

Goethe: "... so wunderbar ist das Leben gemischt ..."

Da es im Leben nur behelfsmäßige Lösungen gibt (und da immer viele Wege nach Rom führen), kommt es nicht darauf an verheiratet, ledig, oder schwarz bzw. weiß zu sein, sondern es kommt im Leben nur darauf an, das kleinere Übel zu wählen.-

Leben heißt zugrunde gehn
dabei jedoch die Welt zu sehn,

Dabei ist alles das verkehrt,
was uns gehört, was uns beschwert.

Eitelkeit von hinnen fahre !
Bewußtsein ist das einzig Wahre !

E. Hartwig, 27.12.74
(v741227g.txt)

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Das alte Wahre

Mit Körper und Geist ist der Mensch geschlagen,
mit ihnen muß er sich selbst ertragen.
Doch Apparat „Körper“ mit Bewusstsein „Geist“
beseligen auch allermeist.

Was er so nennt „Ich“, „Mir“ und „Mein“
ist weder mein, noch dein, noch sein.

Was wir „mein Ich“ pflegen zu nennen,
ist in Wahrheit außen und innen ein brennen.

Ein und Alles kannst du ermessen,
Leben und Tod kannst du vergessen.

Im großen All, im kleinen Nu
da sind wir Alle, ich und Du.

Auf's Alleine kommt es an,
nicht auf hier, auf dann und wann.

E.H. Febr. 75
(v750200g.txt)

Ich

Nicht wie es geht der Fliege an der Wand,
Wie's einem Menschen geht, ist interessant.

Uns kann die Masse Mensch nur wenig geben.
Der Einzelne interessiert uns eben.

So hat Natur das Leben angelegt,
Daß jedes Einzelne sich selbst bewegt.

Daß jeder Einzelne vermeint zu spüren,
er würde sich, sein Leben selber führen.

So nah muss Jeder an sich selber kleben,
dass er nicht merkt den großen Schwindel eben,
wie die Natur uns erst mit einem Ich versieht,
dass sie beim Tod uns über die Ohren zieht.

Und während wir leben und leben müssen,
sind wir ihr Denken, sind wir ihr Wissen.

E.H. Febr. 75
(v750201g.txt)

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Apparat und Bewußtsein

Das Denken macht uns zu Herren der Welt,
erst Denken, dann Technik und Kraft.
Dem Mond zu fliegen ins Schwerefeld,
das hat das Denken geschafft.

Die Welt bleibt dennoch so wie sie ist
mit Thermodynamik und Tod.
Das Denken ist nur im Dunkeln ein Licht,
es wendet nicht unsre Not.

"Zu Herren der Welt", das ist nur ein Wort,
wie 'Gedanken', 'Wille' und 'Tat'.-
Wir leben, wir denken, wir gehen fort:

Bewußtsein und Apparat.

E. Hartwig, Berlin-Steglitz, 19.2.1975
(v750219g.txt)

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Ein Liebhaber

Alles ist drin, doch nichts ist getan,
das Leben eilt fort auf sausender Bahn.

Es ist wie ein Flieger der immer nur fliegt,
bis er zerschmettert am Boden liegt.

Das geht so, weil wir uns leider nichts gönnen
und uns von den eiligen Leuten nicht trennen.

Treibhölzer müssen durchs Leben treiben.-
Du sollst mal bei der Sache bleiben.

E. Hartwig, 28.2.76
(v760228g.txt)

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Der Weg nach Innen

Wir sind Zeit,
ein zeitgebund'nes Etwas.
Wir reichen uns die Hand,
benehmen uns, als ob wir Menschen wären
die eine Welt verkörpern -,
Wir - ein Ich.

Doch schnell stellt sich heraus,
daß wir gehören
zum Flüchtigsten was dieser Kosmos schuf.
Ein Etwas sind wir,
schnell, wie eine Welle,
so kommen wir heran,
so gehn wir fort,

Und jeder weiß es, wenn wir fortgegangen:
wir sind wie Schaum, den eine Welle schlug.

Und doch, das waren wir:
was alle Zeiten, die flüchtigen,
die kaüm zu merken sind,
in ihrem Nachhall unverrückbar sagen:
Bewußtsein ist's, das jedes Ding beseelt.

E. Hartwig, 29.3.76
(v760329g.txt)

Wichtiger als die Ausführung von Plänen
           ist das Pläneschmieden

Manch schöne große Sache haben wir geschafft
mit unsern geistigen Händen, mit des Bewußtseins Kraft.

Modellversuche haben uns gezeigt:
so ist es anzufassen, so wird es erreicht.

Hat sich von unsern Plänen auch wenig nur erfüllt,
so wurde unser Streben nach Leistung doch gestillt.

Wir sind wie kleine Zwerge vor unserm großen Plan,
doch kommt es nicht aufs Machen, es kommt aufs Denken an.

In unserem Bewußtsein leicht ein Werk entsteht,
im rauhen Wind des Lebens alles dann verweht.

Wo unser Tun verschwindet, da gibt es freie Bahn,
damit der Geist des Schaffens weiter wirken kann.

E. Hartwig, 30.3.76 geringfügig geändert 2004
(v760330g.txt)

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Ein gefährliches Leben

Von oben, von unten, von links und von rechts
Bücher von allen Seiten.
Wie man Stollen gräbt
in archäologischen Unternehmungen im Orient
so stoße ich vor
in das mich umgebende
Land meiner Bücher:
Ulrich von Hutten:
"An Kaiser Maximilian"
"Mahnung an die Fürsten Deutschlands
die Türken mit Krieg zu überziehen"
"Der Bullentöter" (Wider den Papst)
"Gegen die unchristliche Gewalt des Papstes zu Rom"
Schwert und Feder
ließ er zurück -
Kleist, Hutten, Nietzsche,
Deutschlands Glück.
"Ich habs gewagt"
In meinen Gebirgen
von Bildern, Büchern und Karten
bleibe ich stecken wie die
andern Bergsteiger auch.
Auch ich seile mich ab.
Ganz klein, tief unten, eine Gestalt,
eine Gestalt die nach mir ruft.
Doch hier oben, auf den Büchern, kann ich sie nicht hören.
Kurz danach, unten, auf festem Boden,
der auch aus Büchern besteht,
schlage ich ein heruntergefallenes Buch auf:
Guedo Bagier "Das tönende Licht"
1943 gedruckt in Teschen (Olsagebiet).
Bergheil vom Büchergebirge !

Emil Hartwig, Berlin, Juni 76

So sieht's aus

Wieso ist das Leben dir eine Last?
Beiß die Zähne zusammen die du nicht hast.

Alle machen dir eine Physiognomie?
Erpressen dich wie der Bauer sein Vieh?

Ja, was hast du denn von den Leuten erwartet?
Zum Erpressen sind sie doch alle gestartet.

Du verdienst Geld? Aber das ist doch nicht deins!
Wenn es deins wäre, hätten sie doch keins.

Keine falsche Scham, übergebe den Zaster,
für sie hast du, außer Geld, doch nur Laster.

Du hast aber echte und wahre Intressen?
Wohl möglich! Doch diese mußt du vergessen.

Denn die Leute schätzen nur Bonhomie.
Du mußt schwafeln und tratschen und greinen wie sie.

Mit 'Bewußtsein', 'Geist' und 'ewigem Leben'
kannst du sie nicht aus den Angeln heben.

Mein Lieber, du bist unter Menschen geraten,
unter Pfeffersäcke und Schweinebraten.

E. H. Juni 76
(v760631g.txt)

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So tun
als ob wir alle
existieren

Wenn 'niemand' sich am Zeuge flickt
das ist sehr dumm und ungeschickt.

Doch, da du selber 'niemand' bist,
der sich befaßt mit solchem Mist,
so solltest du erkennen,
daß Namen nichts benennen.

Die sinnlichkeit ist wie ein Strudel da.
Sie schreit 'nichts geht mehr' und sie schreit 'Hurrah'.

Sie schreit nicht nur, sie flüstert auch ganz leise.
So sind die Sinne tausendfache Gleise,

auf denen alles das sich leicht bewegt,
was sich als Geist und als Bewußtsein regt.

Das saust in deinem Kopfe hin und her,
das macht das Leben leicht und macht es schwer.

Sensationell erfährt so jeder sich.
Man nennt sich 'Meier', nennt sich 'Du' und 'Ich'.

Als Prototyp für das 'Von-selbst-geschehen'
kannst du die Sexualität ansehen.

Sie kommt von selbst, ist weder ich noch du,
sie macht das Leben auf und macht es zu.

'Als ob ich bin' ist ein Naturgeschehen,
der Trick, mit dem sich alle Räder drehen.

Was ist denn dran an allem 'Ich' und 'Du'?
Es dreht sich auf, es dreht sich wieder zu.

Was weiß man denn, was wird man jemals wissen,
als daß wir unsere Rolle spielen müssen?

Nur weiterleben! Nicht den Mut verlieren!
So tun, als ob wir alle existieren!

Die Welt als 'Apparat und als Bewußtsein' sehn.
Dann ist es eben ein Naturgeschehn.

E. Hartwig, 1976/7

Liepferdinge

Leipferdingen, typisch Dorf,
versteckt im Wiesengrunde.
Im Wolkenspiel, im Sonnenlicht
vergeht des Jahres Runde.

Die Menschen sind wie die Natur,
ein reines Abenteuer.
Hier sind sie noch "das Ding an sich",
Luft, Erde, Wasser, Feuer.

Und was die Lage anbetrifft:
ein wenig Höhenlage.
Man hat den weiten Horizont
von neuem alle Tage

E. Hartwig, 22.7.76
(Auf dem Wege von Leipferdingen zum Hegaublick)
(v760722g.txt)
[Zur illustrierten Version von Liepferdinge.

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"Freut euch der Sonne

Freut euch der Sonne, sie bringt
Wärme und Leben hervor.
Weltall, Zeit, Raum und Licht,
endlose Allmacht Natur !

Nebel und Feuchte umhüllt
schirmend das Land wie das Meer,
bis das wärmende Licht
trocknet das feuchte Gefild.

Wir erleben uns selbst
unter dem Sternengezelt,
denken zu allem was ist
uns ein entsprechendes Wort.

E. Hartwig, 1976/8

Wunder

Die Wundertäter, glaub es ihnen,
am leichtesten ihr Geld verdienen.

Aus Tatsachen knautschen sie "Wunder" heraus,
wie wunderlich sehen die "Wunder" doch aus!

Im Glauben selbst das "Wunder" steckt,
Weshalb man es nur dort entdeckt.

E. Hartwig 1977/1


Die Wundertäter

(Mit Zusatz vom Oktober 2004)

Die Wundertäter, glaub es ihnen,
am leichtesten ihr Geld verdienen.

Sieh dir nur ihre Arbeit an,
mit Handauflegen ist's getan.

Aus Tatsachen knautschen sie "Wunder" heraus,
wie wunderlich sehen die Wunder doch aus!

Im Glauben selbst das Wunder steckt,
Weshalb man es nur dort entdeckt.

E. Hartwig 31.1.77
(v770131g.txt)

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Mein Gusto

Das alles ist mein großer Spaß,
mein wahres Paradies.
Die andern tun ich weiß nicht was,
"du aber schau und lies".

Es dreht sich endlos um die Welt
in uralt-ew'gem Drall.
Sie ist mein Saat- und Erntefeld,
die Welt, sie ist mein Fall.

Ich kann das alles nachvollziehn,
wie alles mal begann.
Ich sehe viele Reiche blühn,
seh sie verfallen dann.

Ich seh das ganze Drumherum,
der Menschen Jammer auch.
Ich seh uns klug, ich seh uns dumm,
seh uns als Kopf, als Bauch.

Ich laß sie alle aufmarschiern,
die je etwas gedacht.
Das Leben kann man nur verliern
bei Tag und bei der Nacht.

E. Hartwig, 11.2.77
(v770211g.txt)

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Bewusstsein das mir eigen ist

Bewusstsein das mir eigen ist,
das ich so gerne mag,
das ist mein eigentlicher Sinn,
mein Leben jeden Tag.

Wenn jemand seine Zweifel hat:
was soll ich auf der Welt?
der forsche dem Bewusstsein nach
das ihm zumeist gefällt.

"Was hält mich fest, was füllt mich aus?"
so sucht er immer zu.
Er sucht was er am meisten liebt,
sein Glück und seine Ruh.

Daß jedes "Ich" zerfallen wird,
das ändert nichts daran,
dass das Bewusstsein immer neu
sich statuieren kann.

E. HARTWIG, Berlin 41, März 1978
(v780332g.txt)




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