Ernst Thrasolt

Ernst Thrasolt (Pseudonym für Matthias Josef Franz Tressel), Dichter, *1878 in Beurig (Saar), †1945 in Berlin. - Th. wurde in eine neunköpfige bäuerlich-handwerkliche Familie hineingeboren, besuchte das Gymnasium und anschließend das Priesterseminar in Trier, wo er katholische Theologie studierte und 1904 zum Priester geweiht wurde. 1908 wurde er zum Pfarrer von Haag ernannt und 1915 zum Pfarrer von Langsur. Im Herbst 1915 wandte er sich aufgrund einer schweren Lebenskrise (Zölibatsverpflichtung) von seiner Berufstätigkeit ab, ohne allerdings je mit dem Priestertum zu brechen. Von April 1917 bis zum Mai 1919 war er als Kriegsfreiwilliger im Sanitätsdienst und als Leiter einer fahrbaren Bücherei im Baltikum tätig. Nach dem Ersten Weltkrieg suchte Thrasolt eine Betätigung in Berlin und fand Anschluß an Carl Sonnenschein, der ihm eine Stelle als Hausgeistlicher vermittelte.

Thrasolt war schon seit dem Jahre 1908 literarisch tätig gewesen. Neben zahlreichen Gedichtsbänden, die er herausbrachte, war er auch als Schriftleiter verschiedener Publikationen tätig. Sein besonderes Anliegen war die Überwindung der Kluft zwischen Arbeitern und Intellektuellen. Gleichzeitig setzte er sich für einen bedingungslosen Pazifismus ein. Ab 1934 lebte er in einer einsamen Blockhütte bei Berlin, stets von der Gestapo beobachtet und blieb dennoch tätig. Seine Manuskripte und Bücher wurden ein Opfer der Flammen und von Plünderern, als Brandbomben das Blockhaus am 6.12.1944 zerstörten, während er im Krankenhaus lag, wo er wenige Wochen später verstarb.

Ernst Thrasolt war wohl der bedeutendste religiöse Lyriker unter den modernen Dichtern katholischen Glaubens. Dr. Carl Sonnenschein nannte den Priester und Lyriker Ernst Thrasolt den »ungekrönten König der deutschen Jugendbewegung«.

So 'besang' er seine Heimat zwischen Saar und Mosel:

Zwischen den Bergen fand sich noch Raum
für Häuser und steinige Felder,
unten ein schmaler Wiesensaum,
darüber Wälder und Wälder.
Strömender Heid- und Wacholderduft,
Kiefern im Winde sich bauschend,
Sonnenschein und Blütenduft,
Bäche stürzend und rauschend.
Schlängelnde Wege, schlehdornumrahmt,
hell in die einsame Fläche gezeichnet,
unbetreten, nur daß ihr kamt,
war das letzte, was sich ereignet.

Von den Werken Thrasolts sind z. Zt. keine verlegt. Viele seiner Gedichte sind in saar-mosel-fränkischer Mundart geschrieben. Ewald Meyer hat auf der Seite: [http://www.irsch-saar.de/thrasolt.htm] eine Reihe der Gedichte wiedergegeben und zum Teil ins Hochdeutsche übertragen. Als Hinweis zitiere ich hier daraus drei kurze Gedichte aus schwerer Zeit (in der hochdeutschen Übertragung).

GOTTESKAMPF

O Herr, du hast mit mir, ich hab mit dir gerungen:
In großem, gelassenem Kampf du, ich in kleinem Streit,
in trotzigem, wirrem, blindem Knabenstreit,
und du hast mich bezwungen.
Beugtest mit beiden Knien mich in der Gosse schmutziger Not
und meiner Stirne Stolz, daß er den Unrat und den Kot
geküsst hat und gefreit,
und, Gott, so weit, so weit
ist da der Ruf von meiner Schmach gedrungen
und daß erstaunten und erstarrten fromme und böse Zungen
und daß an Schulter und an Hüfte lahmen
ich seither muß, ich mich in Kirchen und auf Gassen
mit mir und meinem Namen
mich laut und in dem Lichte nimmermehr darf sehen lassen.


GOTTESFLUCHT

Ich floh vor dir–
Und immer, immer folgtest du, und liefest du vor mir.
Und kam ich müde dem Asyle nah,
drin ich vor dir mich sicher wähnte,
warst du schon da, saßest du da.

Und abends schlossest du ab meine Tür,
und rührt im Bett ich mich, stieß ich an dich
und du lagst mir zur Seite die ganze Nacht,
und bin ich, vor dir bangend, morgens aufgewacht,
warst du der erste stets, der grüßte mich.

Ich floh und floh, ich tauchte in des Bechers trunkne Lust,
und dein Bild starrte mich an von dem bittren Grund,
ich warf mich Dirnen in die heißen Arme, an die weiße Brust,
und du zwängtest dich zwischen Brust und Brust und Mund und Mund,
und immer warst du da.

Ich lachte, fluchte dir und schwor dir Spott,
und jeden frechen Wortes, jedes Fluches Nachhall war:
Gott, Gott!


ZEICHEN

Herr, tu ein Wunder wieder, nein, gib nur ein kleines Pfand
Deines Gottseins, ein Stückchen Goldherz nur aus deiner Gottheit Land!
Laß nicht mein Blut nur zu dir schäumen, von dir dichten,
laß mich nicht stets nur Spinnwebtempel dir errichten!
Gib mir ein Zeichen, Zeichen, Herr, daß du noch bist,
nicht Luft, zu festem Baue braucht die Seele Land,
herüber reich, einmal um meine Hand zu drücken, deine Hand,
und daß ich spüre, daß sie noch allmächtig ist:
Gott, daß du noch bist, daß du noch bist.


QUELLEN:
1. Verlag Traugott Bautz [nicht mehr öffentlich]
2. [http://www.irsch-saar.de/thrasolt.htm] - Ernst Thrasolt im Spiegel seiner Gedichte von Ewald Meyer
Stand: 27.08.2010