Parkfriedhof Lichterfelde. Berlin-Zehlendorf, Thuner Platz 2-4, 12205 Berlin Geöffnet seit 1905, 200 000 qm.

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Gedichte von Bruno Wille:

Wolke

Vom Riesenfelsen,
Wolke, niederzieh!
Schlag dein Gewand
Um mich her und flieh!

Zu rauen Höhen
Trage mich empor,
Wohin des Menschen
Wort sich nie verlor.

Wie scheut die wunde
Seele diesen Laut!
Wie rollt mein Auge,
Wenn es Menschen schaut!

Doch Fels und Wolke
Sind mein stummer Trost;
Erhabne Lieder
Hör ich sturmumtost.

Beruhigt lieg ich,
Wo der Gießbach rauscht;
Ein Seelenkranker
So dem Freunde lauscht.

Von grüner Matte
Zeigt das goldne Licht
Des fernen Landes
Lächelnd Angesicht.

Bruno Wille



Einsamer Baum

Zersplissen ist mein Haupt
Von schwarzem Wolkenwetter;
Herbstwind und Regen raubt
Die abgestorbenen Blätter:
So rag' ich ganz allein
Aus ödem Heidekraut
Und träume von dem Hain,
Der weit verloren blaut.

Oft, wenn mit grimmer Wucht
Mich packt ein nächtlich Brausen,
Raff ich mit jähem Grausen
Zusammen mich zur Flucht;
Doch halten zähe Schollen
Mich an den Wurzeln fest.-
Da steh' ich nun mit Grollen,
Wild schüttelnd mein Geäst...

Bruno Wille



Ich bleibe

Durch die Nacht mit dumpfem Rauschen
Treibt vorbei des Stromes Wut;
Und mit träumerischem Lauschen
Starr ich auf die dunkle Flut.
Schattenhafte Kähne wallen
Mir vorbei, in Nacht hinein;
Liebe Stimmen, sie verhallen,
Und die Strömung tönt allein.

Ödes Schweigen, banges Dunkel!
Schmerzlich irrt mein Blick empor.
Da erblüht mit Trostgefunkel
Ein Gestirn dem Wolkenflor.
"Sieh, ich bleibe!" winkt sein Auge -
Und die bange Seele zieht
Auf zu diesem treuen Auge,
Wie ein Kind zur Mutter flieht.

Wenn dereinst des Todes Grauen
Dieses Herz umspült und bricht,
Lass noch einmal dich erschauen
Über Wassern, süßes Licht!
Bis den letzten Liebesfunken,
Der aus meinem Auge scheint,
Deine Blicke aufgetrunken
Und dem Sternenglanz vereint.

Bruno Wille



Seelenlos

Sie sagen, du hast keine Seele,
Arm bleiche Birkenmaid.
Du kauerst starr und stumm
Auf düster struppiger Heid.

Du kauerst in der Öde,
Ein ausgestoßen Kind.
Dein Haargezweige zaust
Der raue Märzenwind.

Sein mürrisch Brausen wogt
Durch Heidekraut und Ginster.
Ins weite Nebelgrau
Pilgern Wolken finster.

Eine Krähe treibt im Sturm
Taumelig vorbei;
Heiser und erstickt
Ihr grimmer Klageschrei...

Kein Bettelkind, o Birke,
Ist also arm und bloß;
Es hat eine Seele, zu weinen -
Dich heißen sie seelenlos.

Und doch, in tiefer Öde
Spürst du die hohe Trauer
Als Seelenfrösteln süß,
Wollüstig kühlen Schauer.

Du kauerst starr und stumm
Auf düster struppiger Heid.
Sie sagen, du hast keine Seele,
Arm bleiche Birkenmaid.

Bruno Wille



Sternlose Nacht

Gewölk hat umgebracht
Den letzten Sternenfunken;
In rabenschwarze Nacht
Ist Fels und Tann versunken.

Ich bin ein Erlenstumpf,
Dran bleicher Moder glimmert,
Ein gärend fauler Sumpf,
Wo scheu das Irrlicht flimmert.

Unheimlich düstre Welt,
Du Tummelplatz für Toren!
Bin gänzlich unbestellt
In dich hineingeboren.

Sag an, was hast du für
Mit deinem bangen Kinde?
Und hast du keine Tür,
Wo ich den Ausgang finde?

Gewölk hat umgebracht
Den letzten Sternenfunken;
In rabenschwarze Nacht
Ist Fels und Tann versunken.

Mein Leben schäumend rann,
Ein Sturzbach zwischen Steinen.
Was ich dabei gewann?
O bitter möcht' ich weinen!

Einst ward ich schmuck und neu
Als Menschlein eingekleidet.
Doch alles Fleisch ist Heu,
Und horch, die Sense schneidet.

Ach wohl, die Jugend reicht
Den süßen Taumelbecher.
Doch Rausch und Minne weicht,
Und Reue weckt den Zecher.

Um jeden Bissen Brot
Muss hart der Froner schanzen;
Sonst hockt die hagre Not
Auf seinem leeren Ranzen.

Mach dich nicht gar zu breit,
Du Herr im güldnen Hause!
Ohn End ist Ewigkeit,
Und schmal die letzte Klause.

Poch nicht auf Ehr und Zier!
Fortuna hat's geliehen.
Der Hobler wird auch dir
Ein Linnenkleid anziehen,

Zum Pfühle untern Kopf
Zwei Handvoll Späne schieben...
Nun denke nach, du Tropf,
Wie närrisch du's getrieben!

Gewölk hat umgebracht
Den letzten Sternenfunken;
In rabenschwarze Nacht
Ist Fels und Tann versunken.

Und wie ich ratlos bang
Ins dunkle Rätsel staune,
Horch, sanfter Wiegensang,
Ein wogend Waldgeraune:

"Nur stille, Menschenkind!
Was helfen deine Sorgen?
Die Augen schließe lind!
Derweilen wächst das Morgen."

Die Nacht hat ihren Tau,
Auf dass der Maien blühe,
Und aus dem Wolkengrau
Entsprießt die Purpurfrühe.

Soll nicht der Sagenstein,
Wo wüste Tannen dunkeln,
Ein Königspalast sein
Und einst entzaubert funkeln?

Zuvor im Puppenkleid,
Will diese trübe Erden
Am Glanz der Ewigkeit
Ein Himmelsfalter werden.

Und ob die Wolke hüllt
Den letzten Sternenfunken,
Dein Traum wird noch erfüllt:
Du schaust - von Sternen trunken.

Bruno Wille



Stimme der Mutter

Lag ich als Kind
Schlaflos, ängstlich,
Sang die Mutter
Mit sanfter Stimme,
Bis der Schlummer
Die träumenden Augen
Leise mir schloss.-

Längst verklangen
Die Wiegenlieder;
Wuchs der Mutter
Über den Kopf...
Wer singt heut' mir
Tröstliche Lieder?

Das bist du,
Hehre Stimme
Im Gebrause
Des Frühlingssturmes
Und im Flüstern
Fallenden Regens.

Lauschen will ich und liegen
Wie ein Wiegekind;
Singe, treue Mutter,
Schläf're dein banges Kind!

Bruno Wille



Der Mohnkopf

Im herben Wind am Dornenzaun
Bei toten, raschelnden Ranken,
Verödet muss dies Greisenhaupt
Die trüben Tage durchwanken -

Und aschendürr und aschenfahl,
Von Gram gebeugt, hinab
Zur wüsten Erde starren:
Du meiner Hoffnung Grab!

Ach wohl, im Sommer, als flammend heiß
Im Blauen die Sonne stand,
Da war von üppigen Träumen
Mein jugendlich Haupt entbrannt.

Ich loderte glutig und dünkte mich selbst
Solch herrlicher Flammenbronnen
Und wollt im Herbste Garten und Flur
Besäen mit roten Sonnen.

Doch als er kam, der Herbst - da ward
Ich zage wie welkend Laub.
Und als ich neigte mein Haupt zur Saat,
Da war manch Körnlein taub.

Und etliches fiel auf dürr Gestein;
Der Vogel hat es gepickt.
Und etliches wird, wenn es keimt, zertreten
Oder von Dornen erstickt.

Und etliches hat der barsche Sturm
Geschleudert, weiß nicht wohin;
Auch den vermessenen Jugendtraum
Gezaust mir aus dem Sinn.

Nun steh ich hier am Dornenzaun
Bei toten, raschelnden Ranken
Und muss mit ödem Greisenhaupt
Die trüben Tage durchwanken...

O Jugend, du fliegst kühn und rasch,
So wie die Schwalbe schnellt.
Doch gleich der Schnecke träge schleicht
In Ewigkeit die Welt.

Bruno Wille



Im Sarge

Aus schwarzem Sarge starrt,
Von Morgengrau erhellt,
Ein Toter bleich und ernsthaft
In die verlassne Welt.
Ein müdes Schluchzen irrt
Umher im Beigemach;
Wird keine Rührung wach.
Herein mit roter Glut,
Tief ernst der Tote ruht.
Wie es nur möglich war,
Daß er von Lust und Leide
Gebebt so manches Jahr.

Bruno Wille

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© Hartwig 2008 - [Stand: 23.01.2012]